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Das Zusammenspiel von Umsatzsteuer und Zoll: Was gilt es zu beachten?

11.03.2025  — Von Arne Schulze. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH

Trotz der Einführung des umsatzsteuerlichen Binnenmarktes im Jahre 1993 sehen sich in der Praxis viele Unternehmen mit Zollfragen konfrontiert, obwohl sie Waren „nur“ innerhalb der EU liefern. Insbesondere dann, wenn diese Lieferungen Komponenten oder Produkte enthalten, die aus Drittländern importiert wurden.

Im Folgenden sehen Sie einen Überblick über praxisrelevante Probleme aus dem Bereich Umsatzsteuer und Zoll geben, zumal auch die Einfuhrumsatzsteuer im Rahmen von Betriebsprüfungen zunehmend an Bedeutung gewinnt.

1. Zusammenspiel von Umsatzsteuer und Zoll

Das Zusammenspiel von Umsatzsteuer und Zoll ist auf den ersten Blick undurchsichtig. Dies liegt wohl auch daran, dass die Bereiche in Deutschland unterschiedlich verwaltet werden. Während das Zollrecht der Bundeszollverwaltung unterliegt, die für die Ein- und Ausfuhr von Waren sowie die Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) zuständig ist, wird die Umsatzsteuer auf Länderebene von den Finanz-ämtern verwaltet. Darüber hinaus ist das Zollrecht in der EU im Unionszollkodex harmonisiert, der in allen Mitgliedstaaten unmittelbar gilt, während das Umsatzsteuerrecht in jedem EU-Mitgliedstaat unterschiedlich geregelt ist. Zwar gibt es mit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) eine europäische Vorgabe, diese muss aber noch von jedem Land umgesetzt werden.

In der Praxis spielen dabei zwei Themen eine wichtige Rolle. Zum einen müssen Unternehmen bei der Einfuhr von Waren nicht nur die Zollabwicklung beachten, sondern auch die Einfuhrumsatzsteu-er, die in den meisten Fällen zunächst gezahlt werden muss, später aber unter bestimmten Voraus-setzungen wieder als Vorsteuer abgezogen werden kann. Zum anderen geht es um die Nachweise bei der Ausfuhrlieferung, wenn Waren außerhalb der EU geliefert werden. Hier können Fehler in der Dokumentation schnell dazu führen, dass Umsatzsteuerbefreiungen nicht anerkannt werden.

2. Einfuhrumsatzsteuer

Mit Verwirklichung der Einfuhr in Deutschland (Überführung der Ware in den zollrechtlich freien Verkehr) entsteht die deutsche EUSt. Steuerschuldner ist der Zollanmelder, d. h. derjenige, der im eigenen Namen eine Zollanmeldung abgibt oder in dessen Namen eine Zollanmeldung abgegeben wird. Auf die Eigentumsverhältnisse kommt es nicht an.

Entscheidend ist, dass die Ware für das Unternehmen desjenigen eingeführt wird, der die EUSt als Vorsteuer abziehen will, d.h., er muss im Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht über die Ware haben (dieses Kriterium wird in der Praxis bei Betriebsprüfungen gerne überprüft).

Die Eigenschaft als Zollanmelder führt insbesondere in Deutschland nicht automatisch zur Berechti-gung, die EUSt als Vorsteuer abziehen zu können. Sie hat lediglich Indizwirkung. Denn wenn der Zollanmelder zum Zeitpunkt der Einfuhr, also der Überführung der Ware in den zollrechtlich freien Verkehr, keine Verfügungsmacht über die Ware hat, ist er nicht berechtigt, die EUSt als Vorsteuer abzuziehen.

Gerade wenn in der Praxis als Incoterms DDP (Delivery Duty Paid = Geliefert verzollt) vereinbart wird, ist äußerste Vorsicht geboten, wie das folgende Beispiel zeigt:

Lieferant X aus der Schweiz verkauft Ware an einen Unternehmer S aus Stuttgart. Als Lieferbedin-gung wird DDP vereinbart. X beauftragt einen Spediteur, der den S bei der Einfuhr als „Anmelder“ benennt. X befördert folglich die Ware aus der Schweiz zu S nach Stuttgart.

Lösung: Kein Vorsteuerabzug bei S, da er nach dem Incoterm DDP im Zeitpunkt der Einfuhr keine wirtschaft-liche Verfügungsmacht hat.

Dagegen hat X als Lieferer Verfügungsmacht im Zeitpunkt der Einfuhr und ist zum Vorsteuerabzug berechtigt, entweder im Voranmeldungs- oder Vorsteuervergütungsverfahren.

3. Vermeidung der Einfuhrumsatzsteuerproblematik durch das „Zollverfahren 4200“

Die EUSt entsteht mit der Überführung der Ware in den zollrechtlich freien Verkehr. In der Regel ist die EUSt an die Dt. Zollverwaltung abzuführen. Der Abzug der EUSt als Vorsteuer erfolgt in vielen Fällen erst später, was dann mit einer Liquiditätsbelastung, evtl. auch noch mit einer Zinsbelastung bei Fremdfinanzierung der EUSt einhergeht. In Deutschland gibt es im Gegensatz zu den Niederlan-den und Belgien noch keine Vereinfachungsregelung, so dass hier nur die Einrichtung eines Auf-schubkontos Abhilfe schaffen kann.

Eine weitere Möglichkeit ist evtl. die Anwendung des „Verfahrens 4200“ zu leisten, da bei dessen An-wendung die Einfuhr in Deutschland nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG steuerfrei ist und somit keine EUSt entsteht. Voraussetzung ist, dass die Ware im Anschluss an die Einfuhr vom Schuldner der EUSt unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen verwendet wird.

Wichtig ist, dass in der Zollanmeldung, das „Verfahren 4200“ explizit angegeben werden muss. Etwaige Zölle sind im Einfuhrland zu entrichten, die EUSt ist dagegen nicht zu entrichten.

4. Ausfuhrlieferung im Reihengeschäft

Unternehmen, die Waren aus Deutschland in ein Drittland ausführen, können diese als sogenannte Ausfuhrlieferung aufgrund der Steuerbefreiungsregelung des § 4 Nr. 1a i.V.m. § 6 UstG bei Vorliegen aller Voraussetzungen steuerfrei abrechnen. Als Nachweis gilt grundsätzlich der Ausgangsvermerk, der in den Fällen, in denen die Ausfuhranmeldung elektronisch über das EDV-gestützte Ausfuhrver-fahren (ATLAS-Ausfuhr) erfolgt, per EDIFACT-Nachricht als pdf-Dokument übermittelt wird.

Grundsätzlich ist zu beachten, dass der Lieferer der umsatzsteuerfreien Ausfuhrlieferung nicht zwingend auch der zollrechtliche Ausführer sein muss, wie das folgende Beispiel verdeutlichen soll.

Endkunde J aus Japan bestellt bei D2 aus Deutschland Ware, die dieser nicht vorrätig hat. Daher bestellt D2 dieselbe Ware bei D1, ebenfalls aus Deutschland. D1 befördert die Ware dann direkt zu J nach Japan (= Reihengeschäft). Im ersten Fall beauftragt D1 den Spediteur.

Lösung: Aus umsatzsteuerlicher Sicht hat D1 in diesem Fall bei Vorliegen aller Voraussetzungen eine umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferung zu erklären. Zollrechtlicher Ausführer kann aber sowohl D1 als auch D2 sein.

Variante 1: D2 beauftragt den Spediteur

Lösung: In diesem Fall hat D2 die umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferung zu erklären. Ein Wahlrecht des Zwischenhändlers scheidet aus, da D2 kein ausländischer Abnehmer ist. Zollrechtlicher Ausfüh-rer kann aber grundsätzlich wieder D1 oder D2 sein.

Variante 2: J aus Japan beauftragt den Spediteur mit der Abholung der Ware.

Lösung: Auch hier hat D2 die umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferung zu erklären, wobei zollrechtlicher Ausführer wieder D1 oder D2 sein kann.

Fazit

Für Unternehmen, die viel im Bereich der Warenein- und -ausfuhr tätig sind, ist eine enge Abstim-mung der zoll- und umsatzsteuerrechtlichen Prozesse erforderlich. Auf der Wareneingangsseite muss hier zwingend ein Austausch zwischen Einkauf und Steuerabteilung/Finanzbuchhaltung erfol-gen, um den Vorsteuerabzug der EUSt nicht zu gefährden. Auf der Ausgangsseite müssen insbeson-dere bei Reihengeschäften die Geschäftsvorfälle mit dem Verkauf vor Abschluss der Verträge be-sprochen werden, um umsatzsteuerliche Nachteile zu vermeiden.

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