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Wie kann der Betriebsrat mit konzerninterner Leiharbeit umgehen?

11.06.2010  — none .  Quelle: none.

Der Dauereinsatz von Leiharbeitnehmern ist zu einem beliebten Instrument der Personalabteilungen geworden. Dabei können die Tarifverträge der Zeitarbeitsbranche genutzt werden, um das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ auszuhebeln, das im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) grundsätzlich vorgesehen ist (§ 9 Nr. 2 AÜG). Diese Möglichkeit wird mit der Gründung konzern- bzw. firmeneigener Personaldienstleistungsgesellschaften auf die Spitze getrieben, so dass zuletzt auch die Bundesministerin für Arbeit und Soziales - Frau von der Leyen - Handlungsbedarf in dieser Angelegenheit gesehen hat.

Negativbeispiel ist mal wieder die Drogeriemarktkette Schlecker, die sich zurzeit in Tarifverhandlungen mit ver.di befindet. Schlecker schließt seine kleineren „AS“ Filialen und bietet den gekündigten Mitarbeiterinnen über eine neugegründete Verleihfirma einen Arbeitsvertrag zu wesentlich schlechteren Bedingungen bei seinen neuen, größeren „XXL“ Geschäften an.

Damit werden die als Ausnahmen gedachten Regelungen des AÜG systematisch genutzt, um geringere Löhne zu zahlen. Die an sich auf Kurzfristigkeit angelegte Leiharbeit wird zu einem Dauerarbeitsverhältnis auf niedrigem Niveau. Die von der konzerneigenen Verleihfirma dauerhaft überlassenen Arbeitnehmer bilden eine Schattenstammbelegschaft im Entleihunternehmen. Um diesen Missstand zu beheben, haben der Bundesverband Zeitarbeit (BZA) und der DGB den fachlichen Geltungsbereich ihres Tarifvertrages ergänzt:
„Der Tarifvertrag findet keine Anwendung auf Zeitarbeitsunternehmen und -unternehmensteile, die mit dem Kundenunternehmen einen Konzern im Sinne des § 18 Aktiengesetz bilden, wenn a) das Zeitarbeitsunternehmen in einem ins Gewicht fallenden Maße zuvor beim Kundenunternehmen beschäftigte Arbeitnehmer übernimmt und
b) die betroffenen Arbeitnehmer auf ihrem ursprünglichen oder einem vergleichbaren Arbeitsplatz im Kundenunternehmen eingesetzt werden und
c) dadurch bestehende im Kundenunternehmen wirksame Entgelttarifverträge zuungunsten der betroffenen Arbeitnehmer umgangen werden.“
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Diese Regelung unterbindet allerdings nur bedingt den Missbrauch. Die Einstellung von neuen Arbeitnehmern über eine interne Verleihfirma und das Unterlaufen der tariflichen Arbeitsbedingungen bleibt weiter möglich und setzt den Flächentarifvertrag weiter unter Druck.

Welche Möglichkeit bestehen für den Betriebsrat, mit dieser Problematik umzugehen? Grundsätzlich bestehen die gleichen Rechte wie beim Einsatz von konventionellen Leiharbeitnehmern. Nach § 14 Abs. 3 S. 1 AÜG ist der Betriebsrat des Entleihbetriebs vor der Überlassung gem. § 99 BetrVG zu beteiligen. Eine solche Beteiligung setzt voraus, dass im Einsatzunternehmen mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Verhindern kann der Betriebsrat damit den Einsatz konzerninterner Leiharbeiter nur schwer. § 99 Abs. 2 BetrVG listet abschließend die Zustimmungsverweigerungsgründe auf. Das Nichteinhalten des Gleichbehandlungsgrundsatzes stellt nach Rechtsprechung des BAG keinen Verweigerungsgrund auf Grund eines Verstoßes gegen Rechtsvorschriften (Nr. 1) dar . Für die Benachteiligung von Arbeitnehmern des Entleihbetriebs (Nr. 3) müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen. In der Regel liegen hier nur Zustimmungsverweigerungsgründe vor, wenn betriebsbedingte Kündigungen drohen und Leiharbeitnehmer auf Arbeitsplätzen eingesetzt werden sollen, auf die auch die von der Kündigung bedrohten Arbeitnehmer versetzt werden könnten.

Eine Möglichkeit dem Problem zu begegnen, kann der Abschluss von Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG sein. Wird gegen eine solche Richtlinie verstoßen, besteht ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG. Allerdings können hier nur Mindeststandards gesichert werden. Ein Verbot des Einsatzes von Leiharbeitnehmern aus konzerneigenen Personaldienstleistern ist in einer Einigungsstelle wohl nicht durchsetzbar. Allerdings kann die Anzahl von eingesetzten Leiharbeitern beschränkt werden und die Einhaltung des Gleichbehandlungsgebots zur Bedingung gemacht werden.

Ebenso können die Beratungsrechte aus §§ 92, 92a BetrVG geltend gemacht werden um den Einsatz von Leiharbeitnehmern auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren. Jedoch ist man hier auf die wohlwollende Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber angewiesen. Der Einsatz von Leiharbeitern ist eine wirtschaftliche Entscheidung, die sich am Ende der Mitbestimmung des Betriebsrats entzieht.

Allerdings kann der Betriebsrat beim Einsatz eines firmeneigenen Personalverleihers auf die Gründung eines Gesamtbetriebsrats (evt. Konzernbetriebsrat) hinwirken und damit die Interessenvertretung der Leiharbeiter verbessern. Denn trotz der hohen Tarifdichte in der Zeitarbeitsbranche, in der über 98 % der Unternehmen Mitglied in einem Arbeitgeberverband sind, sind die meisten Leiharbeitnehmer weder gewerkschaftlich organisiert noch durch einen Betriebsrat im Verleihunternehmen vertreten. Die konzerninterne Leiharbeit bietet die Möglichkeit, dem entgegenzutreten.

Mit einem Gesamtbetriebsrat können die Einsatzbedingungen der Leiharbeitnehmer im Entleihbetrieb für das gesamte Unternehmen geregelt und verbessert werden. Denn der Betriebsrat ist Interessenvertretung aller Arbeitnehmer, nicht nur der Stammbelegschaften.

Quelle: Thorsten Reichmuth, B.A. Wirtschafts- und Arbeitsrecht, BLC Business & Law Consulting GmbH
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