13.03.2018 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Lediglich 45 Prozent der Befragten wissen, dass es dieses Gesetz gibt. Frauen sind mit 40 Prozent weniger informiert als Männer (52 Prozent). „Gerade die geringere Kenntnis der weiblichen Angestellten verwundert aufgrund der aktuellen Gleichberechtigungsdebatte, die auch die gerechtere Entlohnung von Frauen thematisiert“, kommentiert Dr. Henning Curti, Executive Director und Vergütungsspezialist bei EY. Auch sei es die erklärte Intention des Gesetzgebers, Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern zu schließen. Laut statistischen Erhebungen verdienen Frauen in gleicher Position sieben Prozent weniger als Männer.
Ein Schwerpunkt des Gesetzes ist der individuelle Auskunftsanspruch: Seit Januar 2018 kann in Unternehmen mit über 200 Beschäftigten jeder Arbeitnehmer erfragen, nach welchen Kriterien sein Gehalt bestimmt wird. Zudem muss er auf Anfrage Auskunft darüber erhalten, wie die Medianvergütung einer Vergleichsgruppe des anderen Geschlechts aussieht. Der Großteil der Mitarbeiter, die diese Regelungen kennen, hat sich in den Medien darüber informiert (70 Prozent). Nur 18 Prozent nennen als Quelle die Kommunikation im Betrieb per E-Mail oder Intranet, 14 Prozent den Betriebsrat und drei Prozent den Gleichstellungsbeauftragten oder die Gleichstellungsbeauftragte. Folgerichtig erklären lediglich 20 Prozent der Befragten, dass in ihrem Unternehmen offen mit dem Thema Entgeltgleichheit umgegangen wird. 62 Prozent der Arbeitnehmer wünschen sich aber mehr Informationen zum Entgelttransparenzgesetz von ihrem Arbeitgeber.
Auch bei der Nutzung des neuen Gesetzes sind die Mitarbeiter bislang zurückhaltend. Nur jeder Achte der befragten Angestellten will seinen individuellen Auskunftsanspruch geltend machen. Hier ist es vor allem die Neugier, die dazu motiviert. Die Vermutung, schlechter bezahlt zu werden als Kollegen des anderen Geschlechts, wird mit 51 Prozent eher von Frauen geäußert. Ein Drittel der Mitarbeiter, die nicht aktiv werden wollen, rechnet damit, dass sich daraus Nachteile für sie ergeben würden. In erster Linie befürchten sie mit 63 Prozent verstärkten Druck seitens des Vorgesetzten, aber auch geringere zukünftige Entwicklungschancen. „Merken die Mitarbeiter mit der Zeit, dass sie nicht mit Sanktionen rechnen müssen, wird die Zahl der Anfragen steigen“, erwartet Jörg Wenzel, Senior Manager und Vergütungsspezialist bei EY. Auch neigen jüngere Mitarbeiter eher dazu, von dem Gesetz Gebrauch zu machen als ihre älteren Kollegen.
Darüber hinaus zeigt die Studie: Die mangelnde Informationspolitik der Unternehmen zum Entgelttransparenzgesetz ist nur die Spitze des Eisbergs einer insgesamt intransparenten Vergütungsstruktur. So tappen die Arbeitnehmer auch generell eher im Dunkeln, was die Zusammensetzung ihres eigenen Gehalts betrifft. Lediglich 28 Prozent der Befragten geben zu Protokoll, die für sie relevanten Vergütungsrichtlinien zu kennen. 26 Prozent wissen genau, welche Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des eigenen Gehalts verwendet werden. Und nur 25 Prozent haben Kenntnis darüber, wie die jährlichen Gehaltsanpassungen festgelegt werden und was das für ihr eigenes Gehalt bedeutet. Curti: „Das kann nicht im Interesse der Unternehmen sein. Denn wissen die Mitarbeiter nicht, wie sich ihr Gehalt bestimmt, können gerade auch variable Vergütungsbestandteile nicht die gewünschte Motivationskraft entfalten.“ Nicht zuletzt aus diesem Grund sollten Unternehmen ihre Kommunikation über die Vergütungsstrukturen regelmäßig überprüfen und verbessern.
Laut der Studie ist auch die Höhe des Gehalts der Kollegen in Deutschland – anders als in den USA oder Schweden – noch immer ein Tabuthema. Zwar kennen mittlerweile 36 Prozent der Arbeitnehmer den Verdienst ihrer direkten Kollegen und Kolleginnen, die Mehrheit jedoch spricht nicht darüber. Eine vollständige Lohntransparenz im Unternehmen halten 56 Prozent der befragten Angestellten auch gar nicht für sinnvoll, weil diese zu Neid und Unruhe führen würde (40 Prozent) bzw. die Entlohnung nach Leistung erschweren würde (16 Prozent). 34 Prozent glauben hingegen, dass eine Offenlegung der Löhne mehr Gerechtigkeit und Zufriedenheit zur Folge hätte. Zehn Prozent sind der Ansicht, dass dies zu mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern führen würde. An eine bislang schlechtere Bezahlung von Frauen glauben 45 der männlichen Fach- und Führungskräfte, bei den weiblichen Befragten sind es 52 Prozent.
An der Studie „Entgelttransparenzgesetz im Realitätscheck: Wie Mitarbeiter das neue Gesetz nutzen wollen“ haben sich 979 Fach- und Führungskräfte beteiligt. Die Online-Befragung fand im Februar 2018 statt.
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