09.12.2014 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Taylor Wessing Deutschland.
Der Arbeitgeber hat nach § 40 BetrVG die Kosten der Betriebsratstätigkeit zu tragen. Hierzu gehören auch diejenigen Kosten, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsrats an einer nach § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlichen Schulung entstehen. Bislang ungeklärt war, inwiefern die Schulungskosten eines in die Einigungsstelle entsandten Betriebsratsmitglieds erforderlich sind. Nun hat das BAG (Beschl. v. 20.08.2014 –7 ABR 64/12) entschieden, dass eine solche Schulung zur kritischen Begleitung einer Einigungsstelle erforderlich i.S.v. § 37 Abs. 6 BetrVG sein kann. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Schulung durch die anderen Einigungsstellenbeisitzer durchgeführt wird.
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Betriebsrat von Schulungskosten freizustellen. Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Der zu 1. beteiligte Betriebsrat ist der am Standort H gebildete siebenköpfige Betriebsrat.
Im Betrieb H war seit April 2009 eine Einigungsstelle mit je drei Beisitzern zum Thema „Gefährdungsbeurteilung“ gebildet. Der Betriebsrat entsandte in die Einigungsstelle das Betriebsratsmitglied S und als externe Mitglieder Frau M sowie Rechtsanwalt G. Im Oktober 2010 nahm das Betriebsratsmitglied S an dem Seminar „Verfahren für die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz“ teil. Referenten dieser Schulung waren die externen Einigungsstellenbeisitzer, Frau M und Rechtsanwalt G.
Der Betriebsrat verlangt die Freistellung von den Schulungskosten über EUR 1.654,10. Das ArbG hat den Antrag des Betriebsrats abgewiesen, das LAG ihm stattgegeben.
Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hat das BAG den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen.
Nach § 40 Abs. 1 BetrVG habe der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen. Dazu gehörten auch Schulungskostenkosten, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich sei. Nach § 37 Abs. 6 BetrVG sei die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in Betrieb und Betriebsrat notwendig seien, damit der Betriebsrat seine Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen könne.
Der Betriebsrat durfte jedoch die bei der Schulung Frau S vermittelten Spezialkenntnisse nicht für erforderlich halten. Die Erforderlichkeit der Schulung könne nicht mit der Tätigkeit von Frau S in der Einigungsstelle begründet werden, denn die Tätigkeit als Beisitzer in der Einigungsstelle gehöre nicht zu den Aufgaben des Betriebsrats. Die Erforderlichkeit der Schulung könne im vorliegenden Fall auch nicht damit begründet werden, der Betriebsrat müsse sich mit den Vorschlägen der Einigungsstelle in eigener Kompetenz auseinandersetzen können. Zwar gehöre es zu seinen Aufgaben, sich mit den Vorschlägen der Einigungsstelle kritisch auseinanderzusetzen. Ungeeignet für eine kritische Auseinandersetzung und daher auch nicht erforderlich i.S.v. § 37 Abs. 6 BetrVG sei aber die Schulung eines in die Einigungsstelle entsandten Betriebsratsmitglieds durch eben die in die Einigungsstelle entsandten externen Beisitzer. Hierdurch könne der Zweck, eine kritische und unabhängige Auseinandersetzung mit den Vorschlägen der Einigungsstelle zu ermöglichen, nicht erreicht werden.
Das BAG hat sich erstmals mit der Frage befasst, ob die Schulung eines in die Einigungsstelle entsandten Betriebsratsmitglieds zu Themen der Einigungsstelle erforderlich i.S.v. § 37 Abs. 6 BetrVG sein kann. Es hat klargestellt, dass § 76a BetrVG die Kosten der Einigungsstelle abschließend regelt und keine Übernahme von Schulungskosten vorsieht. Über den Gedanken, dass der Betriebsrat die Vorschläge der Einigungsstelle kritisch bewerten können muss, hat das BAG dennoch grundsätzlich eine Schulung zu Themen der Einigungsstelle für erforderlich gehalten. Dies soll selbst dann gelten, wenn das zu schulende Betriebsratsmitglied selbst Beisitzer der Einigungsstelle ist.
Vorliegend hatten jedoch die externen Beisitzer der Einigungsstelle die Schulung durchgeführt. Dies war dann doch zu viel des Guten. Das BAG hält eine Schulung nur dann für erforderlich, wenn sie auch eine kritische Auseinandersetzung des Betriebsrats mit den Vorschlägen der Einigungsstelle ermöglicht. Diese kritische Auseinandersetzungsmöglichkeit war bei der Schulung durch die externen Einigungsstellenbeisitzer nicht gewährleistet.
Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass einige Betriebsratsanwälte die Einigungsstelle als Geschäftsmodell entdeckt haben. Dem Versuch des Betriebsratsanwalts, weitere Einnahmen zu erzielen, indem er nicht nur als Beisitzer der Einigungsstelle, sondern auch noch als Schulungsreferent zum gleichen Thema tätig wird, hat das BAG nun jedoch einen Riegel vorgeschoben. Ob es jedoch aus Arbeitgebersicht taktisch und wirtschaftlich sinnvoll ist, sich über solche Schulungskosten ggf. über mehrere Instanzen zu streiten, ist eine Einzelfallentscheidung.
Bundesarbeitsgericht, Beschl. vom 20.08.2014 –7 ABR 64/12
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