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Mogelpackungen geht es an den Kragen

11.03.2024  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Jeder kennt die Masche von Hersteller und Handel, mit kleineren Verpackungen und manchmal sogar höherem Preis die Marge möglichst unbemerkt vom Verbraucher zu erhöhen. Dem will bald auch die neue Verpackungsverordnung entgegenwirken. Rechtsanwalt Rolf Becker aus Alfter berichtet, dass aber auch das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb ein scharfes Schwert sein kann.

EU-Verpackungsverordnung

Wie schon berichtet, steht die neue europäische Verpackungsverordnung (EU-VerpackV) vor der Tür. Noch laufen die Verhandlungen in den sog. Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Kommission, EU-Parlament und dem Rat. Mit neuen Vorgaben zu den Verpackungsgestaltungen soll es auch den sog. Mogelpackungen an den Kragen gehen. Geplant ab 01.01.2030 sollen bestimmte Verpackungen mit bestimmten Formaten nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürfen. Zudem darf das „Leerraumverhältnis höchstens 40 %“ betragen.

Verbraucherzentrale Hamburg gewinnt Mogelpackungsprozess

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat mit einem wegweisenden Urteil vor dem Landgericht Hamburg (LG Hamburg, Urt. v. 13.02.2024, Az. 406 HKO 121/22) gezeigt, dass auch das bestehende Wettbewerbsrecht ein scharfes Schwert gegen Mogelpackungen sein kann.

Es ging um Margarine. Der Hersteller hatte das Streichfett seiner bekannten Marke mit einer von 500g auf 400g reduzierten Füllmenge bei gleicher Verpackungsgröße in den Handel gebracht. Die Füllmenge von 500g war seit Jahren verwendet worden. Dann kam im Sommer 2022 die Füllmengenänderung bei ansonsten nahezu identischer Verpackung. Die Verbraucherzentrale Hamburg reklamierte eine Irreführung der Verbraucher und Verstöße gegen das MessEG, welches auch Regelungen zu Fertigverpackungen enthält.

§ 43 Abs.2 MessEG:
(2) Es ist verboten, Fertigpackungen herzustellen, herstellen zu lassen, in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zu verbringen, in Verkehr zu bringen oder sonst auf dem Markt bereitzustellen, wenn sie ihrer Gestaltung und Befüllung nach eine größere Füllmenge vortäuschen als in ihnen enthalten ist.

Der Hersteller verneinte einen Verstoß, und reklamierte u.a., durch die größere Verpackung bleibe der Deckel frei von Streichfett. Irreführungstatbestände seien daneben nicht anwendbar.

LG Hamburg sieht Irreführung

In ihrem noch nicht rechtskräftigen Urteil sahen die Hamburger Richter dies anders. Nach dem Urteil sind auch Irreführungstatbestände des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) anwendbar. Gerade dann, wenn man annimmt, dass die Vorschrift des MessEG nur Irreführungen erfassen will, die sich aus der Verpackungsgestaltung selbst ergeben, sei kein Grund ersichtlich, warum bei Irreführungen aus anderen Gründen nicht auf allgemeine Tatbestände zurückgegriffen werden könnte.

Vertrieb ohne Hinweis irreführend

Zwar sah das Gericht kein allgemeines Verbot, die Verpackungsgröße bzw. Füllmenge zu ändern. Die Verpackung selbst täusche auch keine größere Füllmenge vor. Streichfette würden in den unterschiedlichsten Füllmengen vertrieben. Das LG Hamburg vermisste jedoch einen „deutlich sichtbaren aufklärenden Hinweis“ zur Änderung der Füllmenge, weil das Produkt eben zuvor mit der größeren Füllmenge vertrieben worden war. Die geänderte Füllmenge entgehe dem Verbraucher bei einer ansonsten unveränderten Verpackung vielfach. Der Hinweis müsse jedenfalls für einen Übergangszeitraum von drei Monaten erfolgen, um eine Irreführungsgefahr auszuräumen.
Daher gab das Gericht nur mit der Einschränkung um die drei Monate dem Klagebegehren der Verbraucherschützer statt.

Fazit

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es ist jedoch zu begrüßen, dass hier ein Gericht, soweit ersichtlich, erstmals Wege aufzeigt, dem Unwesen der Mogelpackungen über das UWG zu begegnen. Das Vorgehen der Verbraucherzentrale und die Urteilsbegründung der Hamburger Richter zeigen, dass jedenfalls der Spekulation auf die Unaufmerksamkeit der Verbraucher Grenzen gesetzt werden können. Entscheidend war hier der Umstand eines Vertriebs bei nahezu unveränderter Verpackung. Auch der Handel könnte nach meiner Meinung in Anspruch genommen werden, wenn solche Verpackungen ohne Hinweis angeboten werden. Der Hersteller zeigte sich trotz des Urteils zufrieden. Die Verpackung habe den rechtlichen Vorschriften entsprochen und die Ergänzung des Hinweises für den Umstellungszeitraum nehme man wohlwollend auf.

Die Verbraucherzentrale fordert dagegen neue schärfere gesetzliche Angabepflichten zu alter und neuer Füllmenge auf der Packung für bis zu zwölf Monate. Zudem sollte nach Ansicht der Verbraucherschützer bei weniger Inhalt auch die Packung kleiner werden und Verpackungen grundsätzlich voll befüllt werden müssen.

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