05.09.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Kienbaum Consultants International GmbH.
In Indien finden Unternehmen die zufriedensten Mitarbeiter im weltweiten Vergleich: Das südasiatische Land steht mit einem Engagement-Index von 78 Prozent bereits seit drei Jahren auf Platz eins im globalen Ranking. Das ergab die Kienbaum-Panel-Studie, die die Managementberatung Kienbaum seit 2010 jährlich mit ihrem Partner ORC International durchführt. Den zweiten Platz belegt Brasilien und auf dem dritten Rang liegt die Türkei, die in diesem Jahr erstmalig im Ranking vertreten ist. Der globale Engagement-Durchschnitt ist seit der ersten Erhebung vor zwei Jahren praktisch gleich geblieben und beträgt derzeit 56 Prozent. Deutschland liegt mit einem Wert von 57 Prozent knapp über dem weltweiten Durchschnitt und belegt damit lediglich den achten Platz im Ranking der zufriedensten Mitarbeiter. Für die Kienbaum-Studie wurden in diesem Jahr mehr als 9.000 Mitarbeiter aus 19 Ländern der Wirtschaftsregionen Europa, Nord- und Südamerika, Asien und Australien befragt, ob sie mit Aspekten wie ihrer Arbeitsaufgabe, ihren Weiterbildungsmöglichkeiten und der Anerkennung für ihre geleistete Arbeit zufrieden sind.
Während China im Vorjahr noch den größten Sprung nach vorne im Zufriedenheits-Ranking gemacht hat, belegen die Asiaten in diesem Jahr keinen Platz unter den ersten Drei. Seit 2010 schwankt die Zufriedenheit der Chinesen von Jahr zu Jahr: Vor zwei Jahren belegte die Volksrepublik mit 57 Prozent nur den neunten Platz, verbesserte sich 2011 jedoch um zehn Prozentpunkte auf 67 Prozent und stieg damit auf den zweiten Platz, musste in diesem Jahr aber wieder fast ebenso viele Prozentpunkte einbüßen. Der Engagement-Wert liegt aktuell bei 60 Prozent; das entspricht dem fünften Platz im Ranking. „Im Vorjahr wurde China noch als Vorbild angepriesen, wie eine Volkswirtschaft durch Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Innovation erfolgreich sein kann. In diesem Jahr werden die Lobeshymnen aber bereits wieder leiser. An diesem Beispiel wird deutlich, dass ein nachhaltig hohes Engagement der Mitarbeiter neben wirtschaftlichen Investitionen auch den Ausbau sozialer Leistungen und die Integration sozialer Bedürfnisse verlangt", sagt Jan-Marek Pfau, Projektleiter der Studie bei Kienbaum.
Trotz seiner geographischen Nähe zu China erreicht Hongkong in diesem Jahr nur den letzten Platz im weltweiten Ranking der Mitarbeiterzufriedenheit: Der Engagement-Wert der Hongkonger ist um sieben Prozentpunkte auf aktuell 43 Prozent gesunken. „Einheimische erklären den Unterschied zwischen den Nachbarländern anhand kultureller Unterschiede. Während Chinesen ihre positive Einstellung und ihre hohe Belastbarkeit anpreisen, entgegnen Hongkonger, sie arbeiteten genauso hart, seien aber zugleich reservierter im Äußern von Anerkennung und Wertschätzungen", sagt Jan-Marek Pfau.
Auf den hinteren Plätzen im Ranking landen in diesem Jahr neben Hongkong Schweden, Frankreich und Japan, jeweils mit einem Engagement-Wert von weniger als 50 Prozent. „Eine der Ursachen könnten in diesen Ländern noch die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise sein", sagt Kienbaum-Berater Pfau.
Die Angst vor Reformen und bevorstehenden Sparmaßnahmen im Zuge der Euro-Krise könnte einer der Gründe für die relativ schlechte Stimmung der Mitarbeiter im europäischen Raum sein. Das wird am Beispiel Frankreichs besonders deutlich: Der Engagement-Wert französischer Mitarbeiter ist im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozentpunkte auf 49 Prozent gesunken. „Frankreich, eine der fünf größten Wirtschaftsmächte der Welt, ist innerhalb Europas wirtschaftlich längst nicht mehr so gut aufgestellt. Während andere starke Volkswirtschaften frühzeitig auf den Zug der Globalisierung aufgesprungen sind, haben französische Unternehmen ihre Standorte weitestgehend im Inland belassen. Vor dem Hintergrund der kritischen Situation französischer Automobilhersteller steigt allmählich jedoch das Bewusstsein der Unternehmen, sich langfristig globaler ausrichten zu müssen. Allerdings sinkt damit die Arbeitsplatzsicherheit französischer Arbeitnehmer, bei einer ohnehin hohen Arbeitslosenquote von zehn Prozent. Dies äußert sich mittelbar in der pessimistischen Einstellung und dem unterdurchschnittlichen Engagement der befragten französischen Mitarbeiter", sagt Jan-Marek Pfau.
Betrachtet man die Zufriedenheit und Motivation von Mitarbeitern verschiedener Altersgruppen, ist der Engagement-Wert der Mitarbeiter, die älter als 61 Jahre sind, mit 61 Prozent am höchsten. Mitarbeiter zwischen 31 und 40 Jahren sind hingegen mit 55 Prozent am wenigsten engagiert. Ähnlich zufrieden und motiviert ist die Generation Y mit 56 und 58 Prozent – hier wurden sämtliche befragte Mitarbeiter zwischen 21 und 30 Jahren oder jünger betrachtet. „Die ältere Arbeitnehmergeneration gibt an, genau zu wissen, was von ihnen erwartet wird. Darüber hinaus haben sie offenbar Freude an täglich anfallenden Arbeiten. Für Mitarbeiter der Generation Y sind diese Punkt ebenfalls relevant. Allerdings werden sie mehr und mehr durch andere Aspekte angetrieben: Sie schätzen es, wenn Arbeitskollegen bereit sind einander zu helfen, auch wenn es nicht in ihren direkten Aufgabenbereich fällt, und sie sind bestrebt, die richtige Balance zwischen Arbeits- und Privatleben zu finden. Außerdem sind sie daran interessiert zu erfahren, welchen Einfluss ihre Arbeit auf den gesamten Unternehmenserfolg hat. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels wird die Generation Y innerhalb der kommenden 30 Jahre den größten Anteil der Arbeitskräfte stellen. Unternehmen müssen deshalb ihre Engagement-Strategien an die Bedürfnisse dieser Arbeitnehmergruppe anpassen", sagt Jan-Marek Pfau.
Im Bergbau und im Finanzsektor sind die Mitarbeiter in diesem Jahr am zufriedensten: Damit konnten die beiden Branchen ihren Spitzenplatz aus dem Vorjahr halten und kommen auf Engagement-Werte von 60 beziehungsweise 59 Prozent. Allerdings hat das Mitarbeiter-Engagement der Finanzdienstleister im Vergleich zum Vorjahr weiter abgenommen. „Auch dies kann durch die gesunkene Arbeitsplatzsicherheit als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise verursacht worden sein. Hinzukommt die Tatsache, dass Unternehmen in Krisenzeiten geringere Investitionen tätigen. Wenn jedoch versäumt wird, den Arbeitsplatz der eigenen Mitarbeiter angemessen auszustatten und darüber hinaus sogar gesundheitsfördernde Maßnahmen vernachlässigt werden, wird dies langfristig das Mitarbeiter-Engagement senken", sagt Kienbaum-Berater Pfau.
Generell ist eine globale Wende hinsichtlich der Engagement-Treiber zu beobachten: weg von führungsbezogenen Engagement-Treibern und hin zum verstärkten Fokus auf die persönliche Arbeitssituation und das individuelle Wohlbefinden. Weltweit legen Mitarbeiter besonders hohen Wert auf die Bereitstellung angemessener physischer Bedingungen am Arbeitsplatz und die Möglichkeit der persönlichen Erfüllung durch ihre Tätigkeit. „Arbeitgebern muss es künftig auch gelingen, ihren Mitarbeitern ein stärkeres Gefühl der Sicherheit zu vermitteln. Darüber hinaus können Arbeitgeber das Engagement ihrer Belegschaft steigern, wenn sie das organisationale Gesundheitsmanagement ausweiten und durch konkrete Maßnahmen fördern", sagt Jan-Marek Pfau.
Die größten Einflussfaktoren auf das Engagement deutscher Mitarbeiter gleichen den globalen Haupttreibern: Mitarbeiter werden hierzulande zu 67 Prozent von ihrer Arbeitsbelastung, ihrem Arbeitsumfeld und ihrer Tätigkeit angetrieben. Ihr Engagement wird darüber hinaus zu 33 Prozent von Sicherheitsaspekten und ihrem Wohlbefinden beeinflusst. „Wollen deutsche Arbeitgeber ihre Mitarbeiter also langfristig binden und motivieren, müssen sie ihnen Wertschätzung sowohl ihrer Arbeit als auch ihrer Person entgegenbringen", sagt Kienbaum-Berater Pfau.