10.10.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Taylor Wessing Deutschland.
Erbringt ein Arbeitnehmer Überstunden und ist im Arbeitsvertrag die Vergütung von Überstunden nicht (wirksam) geregelt, kann der Arbeitnehmer Überstundenvergütung (nach
Die Vergütungserwartung ist anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankommt (BAG, Urteil vom 27.06.2012 –
Zusätzlich zu diesen bekannten Fallgruppen hat das BAG nun in seinem Urteil vom 27.06.2012 eine Vergütungserwartung auch dann abgelehnt, wenn der Arbeitnehmer Provisionen in nicht unerheblichem Maße für einen Teil seiner Arbeit, hier für eine Vermittlungstätigkeit, erhält.
In dem der Entscheidung des BAG zugrunde liegenden Fall klagte ein Arbeitnehmer auf Vergütung für Überstunden, in denen er Vermittlungstätigkeiten erbracht hatte. Die Parteien hatten vereinbart, dass der Kläger zusätzlich zu seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit eine Vermittlungstätigkeit erbringen sollte, für die er zusätzlich zu seinem monatlichen Grundgehalt eine Provision in Höhe von 10 % des Nettobetrags aus der berechneten Provision für die Vermittlung erhielt. Der Kläger erzielte im Jahr 2006 Provisionen in Höhe von 7.916,60 €, im Jahr 2007 14.665,89 €, im Jahr 2008 12.965,52 € und in den Monaten Januar und Februar 2009 400,00 €.
Das BAG versagte dem Kläger den Anspruch auf Vergütung der während der Vermittlungstätigkeit geleisteten Überstunden. Die Vertragsbeziehungen der Parteien waren dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger für einen Teil seiner Arbeit, nämlich die Vermittlungstätigkeit, eine zusätzliche Vergütung in Form einer Provision erhielt. Bei einer solchen kommt es typischerweise aus der Sicht der beteiligten Kreise nicht auf die Erfüllung eines Stundensolls, sondern den Erfolg - die vermittelten Geschäfte - an. Erhält der Arbeitnehmer zusätzlich zu seiner Vergütung für einen Teil seiner Arbeitsleistung in nicht unerheblichem Maße Provisionen, lässt sich das Bestehen einer objektiven Vergütungserwartung für Überstunden nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände oder einer entsprechenden Verkehrssitte begründen.
Hervorzuheben ist zunächst, dass sich die Entscheidung des BAG (nur) auf Überstunden einer solchen Tätigkeit bezieht, welche zusätzlich zur arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit erbracht, neben der arbeitsbezogenen Vergütung mit einer Provision vergütet wird und eine feste Anzahl an Arbeitsstunden hierfür nicht vorgesehen ist. Damit wird sich die Entscheidung wohl nicht auf eine fest nach Arbeitsstunden zu erbringende Tätigkeit übertragen lassen.
Erhält ein Arbeitnehmer für seine Tätigkeit neben einer arbeitszeitbezogenen Vergütung eine nicht unerhebliche Provisionszahlung, kann er für Überstunden, die er für die mit der Provision vergütete Tätigkeit erbringt, keine Vergütung gemäß § 612 Abs. 1 BGB erwarten. Je nachdem, ob eine Überstundenvergütung für mit einer Provision vergütete Tätigkeit erwünscht ist, sollten Arbeitsverträge, welche Provisionszahlungen neben der arbeitszeitbezogenen Vergütung vorsehen, entsprechend überprüft und eventuell angepasst werden. Ist eine solche Überstundenvergütung nicht erwünscht, empfiehlt sich die Regelung einer entsprechend hohen Provision. Andernfalls sollte die Überstundenvergütung im Arbeitsvertrag geregelt werden.
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