21.05.2019 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die Klägerin, eine GmbH, hat sich auf das operative Leasinggeschäft mit Endkunden spezialisiert. Zum Zwecke der Refinanzierung veräußert sie die Leasinggüter an eine weitere Leasinggesellschaft und least diese dann zurück, um sie an die Endkunden weiter zu verleasen (sog. Doppelstockmodell). Die Klägerin ist ein Finanzdienstleistungsinstitut i.S. des § 1 Abs. 1a KWG. Im Rahmen der Veranlagung wurde entsprechend den vorliegenden Steuererklärungen für die streitigen Jahre 2009 bis 2011 die Vorschrift des § 19 Abs. 4 GewStDV mit der Folge angewandt, dass die in den Leasingraten enthaltenen Zinsanteile gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG nicht dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet wurden.
Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO). Nach einer Betriebsprüfung erließ das FA unter dem Datum 24. Februar 2014 jeweils gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2009, 31. Dezember 2010 und 31. Dezember 2011. Darin nahm es eine Hinzurechnung der Leasingraten gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG in Höhe von jeweils 20 % aus 19.644.882 EUR (2009), 17.779.338 EUR (2010) sowie 16.299.843 EUR (2011) vor. Mit den ebenfalls am 24. Februar 2014 geänderten Bescheiden über den Gewerbesteuermessbetrag für 2009, 2010 und 2011 wurde der Gewerbesteuermessbetrag jeweils auf 0 EUR festgesetzt.
Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 24. September 2015 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, die von der Klägerin an die Leasinggesellschaft gezahlten Leasingraten seien nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG bei der Ermittlung ihres Gewerbeertrags zuzurechnen, da sie als Leasingnehmerin weder zivilrechtliche noch wirtschaftliche Eigentümerin der Leasinggegenstände geworden sei. Das in § 19 Abs. 4 GewStDV geregelte Gewerbesteuerprivileg sei nicht anzuwenden, da nach dessen Wortlaut der Anwendungsbereich auf "Entgelte für Schulden und den Entgelten gleichgestellten Beträgen" beschränkt sei; hierzu zählten nur die Entgelte, die nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG als Entgelte für Schulden überhaupt einer Hinzurechnung unterlägen. § 19 Abs. 4 Satz 1 GewStDV nehme Hinzurechnungsbeträge nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG nicht von der Hinzurechnung aus. Zwar hätten Leasingraten immer auch Finanzierungscharakter. Der Gesetzgeber ordne aber die Überlassung von Wirtschaftsgütern im Wege des Leasings den Miet- und Pachtverhältnissen zu. Die Klage blieb mit den in EFG 2016, 1533 veröffentlichten Gründen erfolglos.
Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (BFH Urteil vom 11.12.2018, III R 23/16). Die angefochtenen Bescheide über die Feststellung der vortragsfähigen Verluste auf den 31. Dezember 2009, 31. Dezember 2010 und 31. Dezember 2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das FA hat zu Recht in dem angefochtenen Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2009 eine Hinzurechnung der Leasingraten gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG in Höhe von 20 % aus 19.644.882 EUR vorgenommen.
Nach dieser Vorschrift wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet ein Viertel der Summe aus einem Fünftel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich der Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe den Betrag von 100.000 EUR übersteigt. Leasingraten sind nach dem UntStRefG 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630) ausdrücklich in die Hinzurechnung in § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einbezogen worden. Sie sind nach dem Wortlaut der Norm dann hinzuzurechnen, wenn das Wirtschaftsgut, für das die Leasingraten gezahlt werden, im Eigentum eines Dritten steht. In diesen Fällen ist das Leasing mit der Pacht oder Miete vergleichbar.
Nach den Feststellungen des FG standen die geleasten Gegenstände, für die die Klägerin die Leasingraten gezahlt hat, im Eigentum eines Dritten, der Leasinggesellschaft. Darüber hinaus liegt eine "Benutzung" der geleasten Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens auch dann vor, wenn diese Wirtschaftsgüter zur Erzielung von Einkünften an eine weitere Person verleast oder vermietet werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin lassen sich dem Gesetz keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, bei Leasing im sog. Doppelstockmodell Ausnahmen zu machen. Der Wortlaut ist eindeutig. Hätte der Gesetzgeber auch für "durchgeleitete" Leasinggüter eine Ausnahme von der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG machen wollen, hätte es nahegelegen, sie in der Gesetzesbegründung mit aufzuzählen und diese Ausnahme ausdrücklich in den Gesetzeswortlaut aufzunehmen, wie er es in der mit § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG gleichzeitig geschaffenen Ausnahmeregelung für Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen, getan hat. Danach ist auf das Leasing und die Benutzung beim ersten Leasingnehmer abzustellen, das weitere Schicksal der geleasten Sache ist nicht von Bedeutung.
Eine Hinzurechnung entfällt auch nicht nach § 19 Abs. 4 GewStDV. Hiernach unterbleibt unter bestimmten Voraussetzungen bei Finanzdienstleistungsinstituten i.S. des § 1 Abs. 1a KWG eine Hinzurechnung von Entgelten für Schulden und ihnen gleichgestellten Beträgen nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG. Zwar ist die Klägerin ein Finanzdienstleistungsunternehmen i.S. des § 1 Abs. 1a Nr. 10 KWG. Bei der Hinzurechnung der Leasingraten nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG handelt es sich aber weder um Entgelte für Schulden noch ihnen gleichgestellte Beträge nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist § 19 Abs. 4 GewStDV nicht dahingehend erweiternd auszulegen, dass das hierin enthaltene Gewerbesteuerprivileg alle Finanzierungsbestandteile der in § 8 Nr. 1 GewStG geregelten Hinzurechnungsvorschriften umfassen soll.
Die Auslegung eines Gesetzes orientiert sich an dem in ihm zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Bestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Gegen seinen Wortlaut ist die Auslegung eines Gesetzes dagegen nur ausnahmsweise möglich, wenn nämlich die wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt, das vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein kann. Die für die Auslegung von Gesetzen geltenden Maßstäbe finden für die Auslegung einer Rechtsverordnung entsprechende Anwendung, allerdings mit dem Unterschied, dass die Verordnung vorrangig unter Berücksichtigung von Inhalt, Zweck und Umfang der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage auszulegen ist.
Bei kreditfinanzierten Investitionen unterblieb hingegen eine derartige Doppelbelastung durch die Freistellung des Kreditgebers nach § 19 GewStDV. Der Gesetzgeber hat mit dem Jahressteuergesetz 2009 in BGBl I 2008, 2794, BStBl I 2009, 74, § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e und Buchst. f GewStG und § 19 GewStDV geändert. Mit dem Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (StEUVUmsG) vom 8. April 2010 (BGBl I 2010, 386) wurde in § 19 GewStDV ein neuer Absatz 4 angefügt, der hinsichtlich seines Satzes 1 erstmals für den Erhebungszeitraum 2008 anzuwenden war (§ 36 Abs. 3 Satz 2 GewStDV i.d.F. des StEUVUmsG). Obwohl der Gesetzgeber mit dem UntStRefG 2008 die Hinzurechnung von Leasingraten in § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG ausdrücklich aufgenommen hatte, unterblieb in den nachfolgenden Regelungen in § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f GewStG und § 19 Abs. 4 GewStDV eine Ausdehnung des Bankenprivilegs auf Leasingraten. Die gewerbesteuerliche Erleichterung war beschränkt auf den Ausschluss der "Hinzurechnung von Entgelten für Schulden und ihnen gleichgestellte Beträge (§ 8 Nummer 1 Buchstabe a) bei Finanzdienstleistungsinstituten". Damit sollten Leasinggeber bei ihrer Refinanzierung nicht schlechter gestellt werden als Kreditinstitute. Bei Kreditinstituten ist aber eine Hinzurechnung nur hinsichtlich der Entgelte für Schulden und ihnen gleichgestellter Beträge nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG ausgeschlossen. Eine darüberhinausgehende Begünstigung ist weder den Gesetzesmaterialien noch dem Gesetzeswortlaut zu entnehmen. Da sich die Verordnung in den Grenzen ihrer Ermächtigungsnorm halten muss, ist auch eine erweiternde Auslegung des § 19 Abs. 4 GewStDV nicht möglich.
Der Autor:
Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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