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Die (Betriebs-)Rente ist sicher oder: Eine teure Verschmelzung

09.10.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Taylor Wessing Deutschland.

Das Bundesarbeitsgerichts hat kürzlich zur Anpassungspflicht von Betriebsrenten an den Verbraucherpreisindex entschieden.

I. Einleitung

In Zeiten knapper Rentenkassen und des drohenden demografischen Wandels gewinnt die betriebliche Altersversorgung immer größere Bedeutung. Eine zentrale Norm des Rechts der betrieblichen Altersversorgung ist § 16 BetrAVG, wonach ein Arbeitgeber alle drei Jahre zu prüfen hat, ob die Betriebsrenten an die gestiegenen Verbraucherpreise angepasst werden müssen. Geht es dem Unternehmen gut, so ist der Arbeitgeber zur Erhöhung der Renten verpflichtet; geht es dem Unternehmen schlecht, so kann die Rentenanpassung ganz oder teilweise unterbleiben. Weitsicht ist deshalb insbesondere angebracht, wenn – wie so häufig – in Unternehmensgruppen Geschäftsbereiche ausgegliedert oder Unternehmen miteinander verschmolzen werden. Zwar geht es bei der Entscheidung über die Rentenanpassung im Einzelfall um eher geringe Beträge. Diese potenzieren sich jedoch durch die Vielzahl der betroffenen Betriebsrentner.

II. Sachverhalt

Das BAG hat nun einen Fall entschieden, in dem ein Betriebsrentner eine monatliche Rentenerhöhung um rund EUR 15,00 geltend machte. Er war mehr als 30 Jahre beim Unternehmen A beschäftigt gewesen, das zuletzt über rund 1.100 Betriebsrentner verfügte. Die Geschäfte gingen schlecht und die finanziellen Kennzahlen der A ließen deshalb sehr zu wünschen übrig. Die Betriebsrenten waren deshalb schon in den Jahren 2000 und 2003 nicht erhöht worden. Aus nicht näher dargelegten Gründen entschloss sich die Leitung der Unternehmensgruppe, das Unternehmen A zunächst mit einer Finanzspritze auszustatten und im Mai 2006 auf das hoch profitable Unternehmen B (Beklagte) zu verschmelzen. Zum Anpassungsstichtag am 1. September 2006 forderte der Kläger die Anpassung seiner Betriebsrente mit dem Argument, dass es nunmehr ausschließlich auf die wirtschaftliche Situation der Beklagten ankomme. Dagegen wehrte sich die Beklagte vergebens.

III. Entscheidung

Das BAG nutzte den Fall, um noch einmal umfassend sämtliche Aspekte des Anspruchs auf Betriebsrentenanpassung darzulegen. Ausgangspunkt sind demnach die Belange des Betriebsrentners, der grundsätzlich eine Anpassung an den Anstieg des Verbraucherpreisindexes für Deutschland fordern kann.

Der Arbeitgeber kann die Anpassung nur verweigern, wenn seine wirtschaftliche Lage dies nicht zulässt. Dazu muss der Arbeitgeber nachweisen, dass es in den letzten Jahren keine angemessene Verzinsung des bilanzierten Eigenkapitals (nicht zu verwechseln mit dem Stammkapital) gegeben hat oder dass eine sogenannte Eigenkapitalauszehrung vorliegt. Im entschiedenen Fall wies die B laut Bilanz eine Eigenkapitalverzinsung in Höhe von 58 % im Jahr 2005 und von 39 % im Jahr 2006 aus. Angemessen wäre in beiden Jahren bereits eine Verzinsung von rund 6 % gewesen. Ausschlaggebend ist insoweit die jeweilige Umlaufrendite öffentlicher Anleihen zuzüglich eines Risikozuschlages von 2 %.

Erfolglos berief sich die Beklagte darauf, dass es nicht auf ihre eigene wirtschaftliche Lage ankomme, sondern auf den defizitären Geschäftsbereich der mit ihr verschmolzenen A. Das BAG argumentiert, dass § 16 BetrAVG eine fiktive Fortschreibung früherer gesellschaftlicher Verhältnisse nicht vorsehe, sodass es auf die wirtschaftliche Lage des gesamten Unternehmens zur Zeit der Anpassungsentscheidung ankomme. Auch der Einwand der Beklagten, der geschäftliche Erfolg aus den Jahren 2005 und 2006 könne der Anpassungsentscheidung nicht zugrunde gelegt werden, weil die Verschmelzung erst im Jahr 2006 stattgefunden habe, wurde vom BAG zurückgewiesen. Dass sich die wirtschaftliche Lage in den folgenden Geschäftsjahren ab 2007 in einem für die Rentenanpassung erheblichen Umfang verschlechtert hätte, habe die Beklagte selbst nicht dargelegt. Auch das letzte Argument der Beklagten hielt das BAG nicht für überzeugend: Demnach sei das Geschäftsjahr 2006 für die Beklagte nur deshalb so günstig gewesen, weil die A vor der Verschmelzung noch eine Finanzspritze durch die Gesellschafter bekommen habe. Das BAG antwortete darauf, die Auffassung würde dazu führen, dass die Beklagte im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Lage so zu behandeln wäre, als sei sie nicht mit der A verschmolzen worden. Dagegen komme es jedoch auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage an und nicht auf eine fiktive.

IV. Praxishinweis

Nicht selten unterschätzen Unternehmen die Folgekosten von Pensionszusagen. Insofern sind gerade Direktzusagen verlockend, weil sie zunächst keinen unmittelbaren Mittelabfluss bedeuten, sondern nur Rückstellungen in den Bilanzen erfordern. Die Pflicht zur regelmäßigen Anpassung der Betriebsrenten führt dann auch noch zu einer ständigen Erhöhung der Verpflichtungen. Insofern sind Unternehmen gut beraten, über – vom Gesetz durchaus vorgesehene – Möglichkeiten nachzudenken, welche die Anpassungspflicht ausschließen oder zumindest lindern.

Der hier besprochene Fall belegt, dass die auch in mittelständischen Konzernen nicht seltene Umstrukturierung nach dem Umwandlungsgesetz – insbesondere durch Spaltung und Verschmelzung von Gesellschaften – nicht lediglich anhand bilanzieller und steuerrechtlicher Kriterien geplant werden darf. Die finanziellen Auswirkungen können immens sein, wenn betriebsrentenrechtliche Aspekte nicht beachtet werden.

Letztlich lassen sich Umstrukturierungen aber auch positiv nutzen. Dies deutet das BAG selbst an, wenn es feststellt, dass die von ihm aufgestellten Grundsätze nicht nur im – hier vorliegenden – Fall der Verschmelzung eines schwachen Unternehmens auf ein wirtschaftlich starkes Unternehmen gelten, sondern auch bei der Verschmelzung eines wirtschaftlichen gesunden Unternehmens auf ein wirtschaftlich schwaches Unternehmen. Auch wenn vieles noch nicht abschließend geklärt ist, dürfte noch erheblicher Gestaltungsspielraum bestehen.


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