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Betriebsrat hat Anspruch auf PC

09.08.2010  — none .  Quelle: none.

Bevor der Betriebsrat sich um die Frage streitet, ob er einen Internetzugang oder gar eine eigene eMail zur Kommunikation auch ausserhalb des Betriebs erhält, muss ihm erst mal ein PC zur Verfügung gestellt werden.

Das LAG München (11 TaBV 45/07) hat dazu mal entschieden:

“Dem Arbeitgeber wird aufgegeben, dem Betriebsrat folgende Sachmittel zur Verfügung zu stellen: Einen Personalcomputer mittlerer Art und Güte nebst dazugehörigen Peripheriegeräten, wie Monitor, Tastatur, Maus, Drucker mittlerer Art und Güte, die dazugehörige Software nebst Betriebssystem sowie Druckerpatrone für den Drucker, Papier, Disketten und CD-ROMs sowie eine Schulung zur Einarbeitung in den PC im Umfang von mindestens 3 Tagen für jedes Betriebsratsmitglied, sofern ein anderes Betriebssystem als ein Betriebssystem der Standardmarke Windows zur Verfügung gestellt wird.”

Das war eine super Entscheidung für den Betriebsrat. Immerhin ist hier auch ein CD-Rom Laufwerk erfasst. Andere Richter wollen da noch Diskettenlaufwerke zur Verfügung stellen. Aber gut. Das war jetzt unsachlich von mir.

Wesentlicher Punkt des Beschlusses ist:

Ohne die begehrte Nutzungsmöglichkeit wird der Betriebsrat in der sachgerechten Ausübung seines Betriebsratsamts signifikant beeinträchtigt, weil die betriebsratsinternen Entscheidungs- und Meinungsbildungsprozesse sowie die gremienbezogene Dokumentation qualitativ eingeschränkt sind, ferner weil sich ohne die Nutzung eines Personalcomputers mit Textverarbeitung die Kommunikation mit dem Arbeitgeber, der über eine Textverarbeitung verfügt, als ungleichgewichtig erweist. Dieses widerspricht jedoch dem Anliegen des Betriebsverfassungsgesetzes.

Der Weg zu dieser Entscheidung war lang. Der Betriebsrat musste aufwändig vortragen, warum er in der Ausübung seines Amtes signifikant beeinträchtigt ist, wenn er den PC nicht hat. Wie macht man das, wenn man bereits jahrelang ohne PC auch irgendwie klargekommen ist? Er muss vortragen, zu welchen Aufgaben er nicht kommt, weil er ja den PC nicht hat und darum mehr Zeit für antiquierte Büroarbeit benötigt (fiktive Arbeitsersparnis); warum die Tätigkeit des Betriebsrats ohne PC beeinträchtigt ist. Nicht ausreichend ist es, wenn der Betriebsrat vorträgt, der PC sei nützlich oder erleichtere die Arbeit. Die Beeinträchtigung der Betriebsratsarbeit darzulegen ist nicht leicht, denn woher soll man wissen, wieviel Zeit man sparen würde mit Computer? Einen Unternehmensberater, der das vielleicht ermitteln könnte, wird der Arbeitgeber, der schon den PC ablehnt, sicher nicht zahlen.


Fiktive Zeitersparnis des Betriebsrats

Dem Betriebsrat desselben Unternehmens hat das Arbeitsgericht Regensburg trotz umfangreichen Vortrags der fiktiven Zeitersparnis in einem Parallelverfahren wieder den PC versagt. Wäre schön, wenn das Bundesarbeitsgericht auch in dieser Frage mal eindeutiger zugunsten der Betriebsräte Stellung nehmen würde.


Prozesstaktik

Aber: Unterliegt der Arbeitgeber am LAG stellt er lieber den PC zur Verfügung als das Verfahren noch zum Bundesarbeitsgericht zu tragen und dort womöglich eine solche Grundsatzentscheidung zu seinen Lasten zu provozieren. Die prozessuale Konstellation müsste also eher die sein, dass der Betriebsrat in zweiter Instanz unterliegt und in Rechtsbeschwerde (Revision) gehen darf (siehe den Verfahrensverlauf in BAG Beschluss vom 14. Juli 2010 – 7 ABR 80/08 zu eMail und Internet für den Betriebsrat). Jeder Betriebsrat kann trotz allem nur dazu ermutigt werden, einen -wie ich finde selbstverständlichen- PC notfalls über das Gericht einzuklagen. Wir wollen doch dem Bundesarbeitsgericht die Möglichkeit geben, seine Rechtsprechung aus 2007 (Beschluss vom 16. 5. 2007 – 7 ABR 45/ 06) zu revolutionieren und den Anspruch des Betriebsrats auf einen PC zu stärken.

Als Schmankerl zum Schluss noch ein paar Zeilen fast schon philosophischer Art aus den Entscheidungsgründen:

Die Erfindung und Entwicklung des Personalcomputers mit der Möglichkeit der Textverarbeitung und Textbearbeitung hat zu einer qualitativen Veränderung des mit der Erstellung von Schriftgut verbundenen intellektuellen und manuellen Prozesses im Vergleich zur früher praktizierten handschriftlichen bzw. maschinenschriftlichen Manifestation von Gedanken und Mitteilungen geführt. Während bisher bei der Erstellung von Schriftgut die nachträgliche Veränderung von Worten, Passagen und Abschnitten mit der völligen manuellen Neuproduktion des Schriftstücks verbunden war und den Autor immer wieder vor die Entscheidung stellte, den Text unvollkommen in der Rohfassung oder Urfassung so zu belassen, wie er ist, oder ihn selbst neu zu schreiben oder – wenn man hat – durch eine Hilfskraft neu schreiben zu lassen, ermöglicht die Textverarbeitung eines Personalcomputers Veränderungen des Schriftgutes jedweden Umfangs mit eringstem Aufwand. Auf Grund des mit einer Veränderung des Textes verbundenen geringen Aufwands erhält der Verfasser zusätzlich die Möglichkeit, an Hand des schriftlich niedergelegten Gedankens zu über prüfen, ob das schriftlich Geäußerte tatsächlich seine Intention entspricht oder ob Korrekturen oder Ergänzungen erforderlich sind, mit Hilfe derer das Geschriebene in einem iterativen Prozess dem Gewollten weitgehend angenähert werden kann.


Quelle: Rechtsanwalt Volker Lehmann, LL.M. – Ihr Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in München
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