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Betriebsbedingte Kündigung trotz Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Ausland

16.09.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Taylor Wessing Deutschland.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) befasste sich am 29. August 2013 (Aktenzeichen 2 AZR 809/12) mit der Frage, ob ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern eine Weiterbeschäftigung im Ausland anbieten muss, bevor er eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen darf. Da der Volltext dieser Entscheidung noch nicht vorliegt, beruht dieser Newsletter auf der Pressemitteilung Nr. 52/13 des BAG.

I. Einleitung

Eine wirksame betriebsbedingte Kündigung setzt gemäß § 1 Abs. 2 KSchG unter anderem voraus, dass es keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in demselben oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens für den Arbeitnehmer gibt. Die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung ist somit unternehmensbezogen zu prüfen. Hat ein Unternehmen neben einem Betrieb im Inland auch einen oder mehrere Betriebe im Ausland, so stellt sich die Frage, ob vor dem Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung gegenüber einem in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer geprüft werden muss, ob es eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Ausland gibt, die dem Arbeitnehmer vorrangig angeboten werden müsste. Dies hatte das LAG Hamburg in einer Entscheidung aus dem Jahr 2011 vertreten (LAG Hamburg, Urt. v. 22.03.2011 – 1 Sa 2/11, anhängig beim BAG unter dem Aktenzeichen 2 AZR 485/11).

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II. Sachverhalt

In dem Fall, den das BAG zu entscheiden hatte, ging es um ein Unternehmen der Textilindustrie mit Sitz in Nordrhein-Westfalen, das einen Produktionsbetrieb in Jaromer in der Tschechischen Republik unterhält. Im Juni 2011 beschloss das Unternehmen, seine Produktionsstätte in Nordrhein-Westfalen stillzulegen. In Deutschland sollte lediglich die Verwaltung nebst kaufmännischem Bereich bestehen bleiben. Mit Blick hierauf sprach das Unternehmen gegenüber seinen in Nordrhein-Westfalen beschäftigten Produktionsmitarbeitern ordentliche Beendigungskündigungen aus. Die seit 1984 als Produktionsmitarbeiterin in Nordrhein-Westfalen beschäftigte Klägerin vertrat die Auffassung, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt sei, da das Unternehmen verpflichtet gewesen wäre, ihr eine Weiterbeschäftigung in dem Betrieb in Jaromer anzubieten.

III. Entscheidung

Die Kündigungsschutzklage der Klägerin blieb in allen drei Instanzen erfolglos. Die aus § 1 Abs. 2 KSchG folgende Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigungskündigung, ggf. im Wege der Änderungskündigung, eine Weiterbeschäftigung zu geänderten, möglicherweise auch zu erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen anzubieten, bezieht sich grundsätzlich – so die Pressemitteilung des BAG – nicht auf freie Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb des Arbeitgebers.

Die Verwendung des Wortes „grundsätzlich“ deutet dabei auf Ausnahmen hin, die in der Pressemitteilung des BAG nicht näher erläutert werden. Insoweit wird in der Pressemitteilung lediglich darauf hin-gewiesen, dass Umstände, unter denen ausnahmsweise eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu erwägen wäre, Arbeitnehmer im Ausland weiterzubeschäftigen, nicht vorgelegen hätten.

Zur Begründung der Entscheidung wird in der Pressemitteilung ausgeführt, dass der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes gemäß § 23 Abs. 1 KSchG nur auf Betriebe anzuwenden ist, die in der Bundesrepublik Deutschland liegen. In diesem Sinne muss auch der Betriebsbegriff in § 1 Abs. 2 KSchG verstanden werden. Ob dies der Berücksichtigung von Beschäftigungsmöglichkeiten im Ausland entgegensteht, falls der Arbeitgeber seinen Betrieb als Ganzen oder einen Betriebsteil unter Wahrung der Identität ins Ausland verlagert, hatte das BAG nicht zu entscheiden.

IV. Praxishinweis

Das BAG hat klargestellt, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einem im Ausland gelegenen Betrieb einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich nicht entgegensteht. Welche Ausnahme(n) von dieser Regel es geben soll, geht aus der Pressemitteilung nicht hervor. Für die Frage, unter welchen Umständen nach Auffassung des BAG ausnahmsweise eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu erwägen wäre, Arbeitnehmer im Ausland weiterzubeschäftigen, bevor eine betriebsbedingte Beendigungskündigung ausgesprochen werden darf, bleiben daher die Entscheidungsgründe abzuwarten.

 

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