04.09.2024 — Von Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH
Sie kennen den ersten Teil dieses Fachartikels noch nicht, weil Sie die letzte Ausgabe verpasst haben – oder möchten Ihre Erinnerung noch einmal auffrischen? Dann fangen Sie hier mit dem Lesen an.
Mit BMF-Schreiben vom 12.05.14 stellte das Bundesfinanzministerium klar, dass dem beherrschenden Gesellschafter eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen seine Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zufließt. Ob sich der Vorgang in der Bilanz der Kapitalgesellschaft tatsächlich gewinnmindernd ausgewirkt hat, etwa durch die Bildung einer Verbindlichkeit, ist für die Anwendung dieser sog. Zufluss-Fiktion nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums unerheblich, sofern eine solche Verbindlichkeit nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung hätte gebildet werden müssen.
Soweit die Forderung des Gesellschafters als (verdeckte) Einlage in die Gesellschaft anzusehen ist, kommt es darauf an, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer vor oder nach Entstehen seines Anspruches auf die Forderung verzichtet hat. Maßgeblich dafür ist, inwieweit Passivposten in eine Bilanz der Gesellschaft hätten eingestellt werden müssen. Nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums kommt es für die Frage des Zuflusses nicht auf die tatsächliche Buchung in der Bilanz der Gesellschaft an.
Diese restriktive Rechtsauffassung der Finanzverwaltung wird vom Bundesfinanzhof nun in Frage gestellt. Entgegen der Rechtsauffassung des Bundesfinanzministeriums gelten Tantiemen, die in den festgestellten Jahresabschlüssen tatsächlich nicht ausgewiesen sind, dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer als nicht zugeflossen, auch wenn diese nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung in den festgestellten Jahresabschlüssen hätten gebildet werden müssen.
Die Zufluss-Fiktion kann nur dann angewendet werden, wenn die Tantieme-Forderungen fällig geworden sind. Aufgrund der fehlenden Passivierung als Verbindlichkeit der Gesellschaft gegen den Gesellschafter ist die korrespondierende Forderung beim Gesellschafter nicht entstanden und kann daher auch nicht fällig sein. Ob die dahingehenden Verbindlichkeiten nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung hätten passiviert werden müssen, ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs insoweit unerheblich.
Weil im hier streitigen Sachverhalt nicht festgestellt werden konnte, aus welchen Gründen die Tantiemen nicht ausgezahlt bzw. nicht als Verbindlichkeiten passiviert worden sind, hat der Bundesfinanzhof den streitigen Sachverhalt an das Finanzgericht zurück verwiesen. Das Finanzgericht wird daher im zweiten Rechtsgang festzustellen haben, ob und falls ja, wann der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer auf die seinem Anstellungsvertrag vereinbarten Tantiemeansprüche gegenüber seiner Gesellschaft verzichtet hat.
Wir werden Sie über die weitere Entwicklung dieser gerichtlichen Auseinandersetzung in gewohnter Weise auf dem Laufenden halten.
Um Missverständnisse und Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt zu vermeiden, ist es empfehlenswert, gerade beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer klare Vereinbarungen zu treffen und sicherzustellen, dass diese Vereinbarungen in der Praxis auch tatsächlich eingehalten werden. Anderenfalls kann eine Lohnversteuerung von Sonderzahlungen erfolgen, auch wenn diese tatsächlich nicht zur Auszahlung gelangt sind.
Wenn auf die Auszahlung vertraglich vereinbarter Zahlungen an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer verzichtet wird, ist es empfehlenswert, im Voraus entsprechende vertragliche Vereinbarungen zu treffen.
Fußnoten
Themen
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