11.07.2013 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern.
Wer arbeitsunfähig krankgeschrieben ist, sollte sich gründlich auskurieren, damit er schnell wieder gesund wird und an den Arbeitsplatz zurückkehren kann. Doch keine Regel ohne Ausnahme, wie jetzt ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Az.: 5 Sa 106/12) zeigt.
Die Richter hatten es mit einem Abteilungsleiter Reha-Technik zu tun, der zu einem monatlichen Bruttogehalt von 5.500 Euro tätig war. „Der Arbeitnehmer bewarb sich auf eine Stellenanzeige hin um die Position des Geschäftsführers eines Betriebs der Hansestadt Rostock und nahm in der Folge an einem Vorstellungsgespräch teil, obwohl er zu diesem Zeitpunkt für 16 Tage krankgeschrieben war. Nachdem der ‚alte’ Arbeitgeber aus der Presse erfahren hatte, dass sein Mitarbeiter zu den Bewerbern bei der Stadt gehört, kündigte er ihm fristlos“, schildert der Präsident der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf, Rechtsanwalt und Notar Herbert P. Schons aus Duisburg, den Sachverhalt.
Zu Unrecht, wie die Landesarbeitsrichter aus Mecklenburg-Vorpommern feststellten. Ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer habe zwar während seiner Ausfallzeit durch sein eigenes Verhalten dafür Sorge zu tragen, dass er die Phase der Arbeitsunfähigkeit möglichst zügig überwinde. Das bedeute aber nicht zwingend, dass er das Bett hüten müsse oder die Wohnung nicht verlassen dürfe. Vielmehr sei auf die jeweils diagnostizierte Krankheit abzustellen, um ermessen zu können, welche Tätigkeiten einem Arbeitnehmer während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit untersagt seien.
Der Abteilungsleiter hatte an einer Einschränkung der Bewegungsfähigkeit seines rechten Arms gelitten, die auf einen eingeklemmten Nerv zurückzuführen war. Ärztlicherseits war ihm nur angeraten worden, den Arm nicht zu belasten. Damit sei, so die Arbeitsrichter, nicht erkennbar, weshalb es dem Mann verboten gewesen sein sollte, sich anderswo für einen neuen Posten vorzustellen.
In Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hatte der Vorsitzende der zuständigen Kammer des LAG noch angemerkt, dass wegen des öffentlichen Auftritts des Arbeitnehmers möglicherweise der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert sei. Daraufhin hatte der Mitarbeiter seine Behauptung der Erkrankung ausdrücklich aufrechterhalten und den ihn behandelnden Arzt von der Schweigepflicht entbunden. Doch der Arbeitgeber nutzte diese Chance nicht, um den Nachweis zu führen, dass tatsächlich gar keine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Er ließ den Arzt nicht einmal als Zeugen vor Gericht auftreten.
Das Fazit von Rechtsanwalt Schons: „Die Bewerbung des Abteilungsleiters während seiner Arbeitsunfähigkeit kann weder als genesungswidriges Verhalten noch als Arbeitsverweigerung gewertet werden.“
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