24.06.2019 — Matthias Wermke. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Arbeitskampf – was sich zunächst vielleicht martialisch anhören mag, ist ein vollkommen legitimes arbeitsrechtliches Mittel, um in einer Verhandlung die gesetzten Ziele zu forcieren. In diesem Rahmen lassen sich sowohl von Arbeitgeber*innen- als auch von Arbeitnehmer*innenseite verschiedene Maßnahmen ergreifen.
Erfolgsbausteine für das Erreichen der Ziele
Die Möglichkeit der Arbeitnehmer*innen, ihrem Anliegen Ausdruck zu verleihen, sind Streiks. Diese können eine empfindliche Störung des Arbeitsablaufs bedeuten und zudem extrem öffentlichkeitswirksam sein. Gerade in Bereichen, an denen die übrige Bevölkerung großen Anteil hat, also z. B. Verkehr oder Bildung, kann durch Streiks ein immenser Druck aufgebaut werden.
So wie der Streik nur eine vorübergehende Aktion ist, ist auch das Kampfmittel des Arbeitgebers, die Aussperrung, als Abwehrmaßnahme von begrenzter Dauer zu verstehen. Die Aussperrung ist eine somit temporäre Suspendierung der Arbeitnehmer*innen unter rechtmäßig legitimierter Verweigerung der Entgeltzahlung. Diese beinhaltet jedoch auch, dass das Arbeitsverhältnis nach Ende des Streiks wieder aufgenommen werden muss. (BVerfG v. 26.6.1991 - 1 BVL 779/85)
Um das Ausbleiben der Entgeltzahlung zu kompensieren, wird von Gewerkschaften das Streikgeld eingerichtet. Diese Zahlung wird aus der Streikkasse bzw. aus den Streikfonds getätigt. Sie kann allerdings den Ausfall des Nettoverdienstes nicht komplett ausgleichen.
Worin besteht nun aber die Rolle des Betriebsrates im Falle eines Streiks? Das oberste Gebot des Betriebsrats in dieser Situation ist das der Neutralität. Denn anders als das Außenstehende vielleicht vermuten könnten, bleibt die Aufgabe des Betriebsrats vom Arbeitskampf unberührt. Vielmehr bleiben die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer*innenvertretung auch über diesen besonderen Zeitraum hinweg die gleichen. So ist er keineswegs befugt, einen Streik auszurufen. Ein solcher Arbeitskampf wäre illegal!
Das Gebot der Neutralität erstreckt sich zudem auf den Email-Verkehr. Im Beschluss vom 15.10.2013, 1 ABR 31/12 stellte das Bundesarbeitsgericht fest, dass von dem E-Mail-Account des Betriebsrats nicht betriebsintern zum Streik aufgerufen werden darf. Dies gilt ebenso für die dienstlichen E-Mail-Accounts der übrigen Arbeitnehmer*innen. Die Begründung dafür ist, dass es nicht die Pflicht der Arbeitgeber*innenseite sein kann, für die Betriebsmittel, in dem Fall also die Computer, zu sorgen, die im Falle eines Arbeitskampfes gegen ihn verwendet werden könnten.
Die generellen Beteiligungsrechte des Betriebsrates bleiben, wie oben beschrieben, die gleichen. Voraussetzung ist allerdings, dass sie die Gegenmaßnahmen, die von Arbeitgeber*innenseite ergriffen werden, nicht beeinträchtigen. So ist z. B. laut § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG, BAG v. 13.12.2011 – 1 ABR 2/10 die sonst notwendige Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Versetzung von Mitarbeiter*innen nicht erforderlich, sodass arbeitswillige Arbeitnehmer*innen in bestreikten Betrieben eingesetzt werden können. Ebenso bedarf es auch dann keiner Zustimmung des Betriebsrats, wenn die Arbeitszeiten von arbeitswilligen Arbeitnehmer*innen temporär verlängert werden sollen. (§ 87 Abs. 1 Nr.2 Nr. 3 BetrVG)
Es lässt sich also festhalten, dass dem Betriebsrat im Falle des Arbeitskampfes gesetzlich eher Befugnisse entzogen als zugesprochen werden. Somit findet er sich in einer präventiven Funktion wieder. Er sollte im Vorwege dazu beitragen, dem Streik als höchster Eskalationsstufe der Auseinandersetzung zwischen Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen vorzubeugen.
Quellen und Hintergründe:
Bild: niekverlaan (Pixabay, Pixabay License)
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