17.11.2011 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Hans Böckler Stiftung.
Arbeitsbedingte psychische Belastungen verursachen in Deutschland jährlich Kosten von gut sieben bis knapp 30 Milliarden Euro - je nachdem, ob man sich dabei auf arbeitsbedingte psychische Störungen im engen Sinne konzentriert, oder auch körperliche Erkrankungen hinzurechnet, die auf psychische Belastungen am Arbeitsplatz zurückzuführen sind. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie. Weiteres Ergebnis: Betriebliche Präventionsprogramme nutzen nicht nur der Gesundheit der Beschäftigten, sondern zahlen sich auch wirtschaftlich aus.
Psychische Störungen verursachten im Jahr 2008 insgesamt Behandlungskosten von knapp 29 Milliarden Euro. Die indirekten Kosten betrugen sogar 45 Milliarden Euro. Dieser Wert ergibt sich aus der Zahl der ausgefallenen Arbeitstage multipliziert mit dem Betrag, den ein durchschnittlicher Arbeitnehmer pro Tag erwirtschaftet. In diesen Gesamtzahlen sind die Kosten sämtlicher psychischer Störungen enthalten - unabhängig davon, welchen Grund sie hatten. Das haben der Epidemiologe Dr. Wolfgang Bödeker und der Mathematiker Michael Friedrichs im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung ermittelt.
Psychische Probleme seien eine wesentliche Ursache für Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung, schreiben die Wissenschaftler vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen beziehungsweise vom Institut für Prävention und Gesundheitsförderung an der Uniklinik Essen. Unter psychische Störungen fällt eine ganze Reihe von Krankheitsbildern. Mit Abstand am häufigsten sind Arbeitsausfälle durch gesundheitliche Einschränkungen der Kategorie "neurotische, belastungs- und somatoforme Störungen", dazu gehören etwa Angstzustände. Auf Rang zwei folgen die "affektiven Störungen", beispielsweise Depressionen. Wiederum mit großem Abstand folgen Suchtprobleme. Bödeker und Friedrichs verwenden für ihre Berechnungen Daten des Statistischen Bundesamtes sowie Krankenkassenstatistiken.
Aus den unterschiedlichen Erkrankungsrisiken verschiedener Berufsgruppen und weiteren statistischen Informationen lässt sich den Wissenschaftlern zufolge auch ermitteln, welche Kosten auf Gesundheitsstörungen entfallen, die unmittelbar aus dem Berufsleben resultieren; das heißt "durch Arbeitsbedingungen ganz oder teilweise verursacht sind beziehungsweise in ihrem Verlauf ungünstig beeinflusst werden".
Die Kosten arbeitsbedingter psychischer Störungen veranschlagen die Forscher auf 7,1 Milliarden Euro jährlich. Neben den direkten Behandlungskosten beinhaltet die Zahl Kosten des Arbeitsausfalls, Krankengeldzahlungen der Krankenkassen, Kosten krankheitsbedingter Frühverrentungen und Einnahmeverluste sowie Zusatzausgaben der Rentenversicherung.
Psychische Belastungen am Arbeitsplatz - etwa hoher Leistungsdruck oder geringe Entscheidungsspielräume - können sich aber nicht nur direkt in psychischen Erkrankungen äußern. Auch Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems, Kreislauf- sowie Magen- und Darmerkrankungen können die Folge psychisch belastender Arbeitsbedingungen sein. Bezieht man dies in die Schätzung der gesamtwirtschaftlichen Kosten ein, so ist der volkswirtschaftliche Schaden noch erheblich größer als die reinen Kosten psychischer Störungen: Zusammengenommen kommen die Forscher auf rund 10 Milliarden direkte und gut 19 Milliarden Euro indirekte Kosten.
Bödeker und Friedrichs weisen darauf hin, dass betriebliche Gesundheitspolitik einen Beitrag leisten kann, den wirtschaftlichen Schaden von psychischen Erkrankungen und Belastungen zu reduzieren. Zahlreiche Studien aus den USA belegten, dass sich Präventionsmaßnahmen in aller Regel auszahlen - nicht nur gesamtwirtschaftlich, sondern auch für das einzelne Unternehmen. Nach unterschiedlichen Untersuchungen erzielt ein in Gesundheitsprävention investierter Dollar Erträge zwischen zwei und zehn Dollar.
Quelle: Hans-Böckler-Stiftung
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