08.01.2024 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Ernst & Young GmbH.
Noch deutlicher wird der Anstieg, wenn man die aktuellen Zahlen mit denen vor vier Jahren vergleicht: im Januar 2020 saßen weniger als halb so viele Frauen (59) in den Vorständen von Deutschlands Top-160-Unternehmen.
Den 128 Managerinnen stehen in den Vorstandsgremien insgesamt 568 Kollegen gegenüber – damit ist fast jeder fünfte Vorstand (18,4 Prozent) eine Frau. Der Anteil stieg gegenüber dem Vorjahr um 2,7 Prozentpunkte. Trotz des Anstiegs bleiben viele der geschäftsführenden Gremien aber auch im Jahr 2024 reine Männerdomänen: Fast vier von zehn Unternehmen (37 Prozent) in DAX40, MDAX und SDAX haben keine einzige Managerin in ihren Vorstandsgremien.
Das sind die Ergebnisse einer Analyse der Struktur der Vorstände der 160 im DAX, MDAX und SDAX gelisteten Unternehmen, die die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY zweimal jährlich durchführt.
Wir sehen zwar einen stabilen Aufwärtstrend, der Frauenanteil in den Vorständen bleibt jedoch überschaubar – vor allem bei Unternehmen, die weniger stark im Fokus der Öffentlichkeit sind. Gender Equity muss aber auch abseits des öffentlichen Interesses zur strategischen Priorität für Unternehmen werden. — Ev Bangemann, Managing Partner Markets bei EY Deutschland
Zwar haben inzwischen immerhin 63 Prozent der Unternehmen mindestens eine Frau in den Vorstand berufen – zumeist ist diese Frau allerdings allein unter Männern: In 49 Prozent der Unternehmen hat es genau eine Frau in eine Vorstandsposition geschafft. Gerade mal 14 Prozent der Unternehmen weisen zwei oder mehr weibliche Vorstandsmitglieder auf.
„Etliche Unternehmen begnügen sich damit, nur eine Frau in den Vorstand zu berufen“, beobachtet Bangemann. „Da liegt die Vermutung nahe, dass gerade mal die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt werden sollen. Strategische Nachfolgeplanung ist hier ein Stichwort, um wirkungsvoll und langfristig mehr Frauen in den Führungsriegen zu sehen.“
Im Verlauf der zweiten Jahreshälfte wurden bei den 160 analysierten Unternehmen insgesamt 41 neue Managerinnen und Manager als Vorstände eingesetzt – immerhin 16 davon waren weiblich, was einem Anteil von 39 Prozent entspricht. In der ersten Jahreshälfte hatte der Anteil der Frauen an den neu berufenen Vorstandsmitgliedern mit 42 Prozent ähnlich hoch gelegen.
Den stärksten Anteil stellen Managerinnen in den Vorständen von Unternehmen der Konsumgüterbranche: Ein Viertel (25 Prozent) der Vorstände sind hier Frauen. In den Bereichen Pharma, Biotech und Life Sciences, Telekommunikation (beides 23 Prozent), Transport und Logistik sowie der Finanzbranche (beides 20 Prozent) liegt der Frauenanteil in den Vorständen ebenfalls deutlich über dem Durchschnitt. Deutlich darunter liegt der Anteil von Managerinnen dagegen in der Medienbranche (7 Prozent), bei Energieversorgern (10 Prozent) und der Industrie (16 Prozent).
In den meisten Branchen besteht nach wie vor erheblicher Nachholbedarf, so Bangemann: „Es ist wichtig, daran zu arbeiten, dass mehr Frauen den Weg an die Spitze schaffen. Denn einerseits geht es um Chancengleichheit für Frauen und Männer bei ihren Karrierewegen. Anderseits geht es aber auch um die Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit der deutschen Wirtschaft insgesamt.“ Ein niedriger Frauenanteil in den Top-Etagen der deutschen Wirtschaft zeige laut Bangemann, dass der Kulturwandel in den Unternehmen noch lange nicht abgeschlossen ist:
Zu oft noch gibt es nur einzelne strahlende Vorbilder, und so wichtig diese auch sind, sollte es unser Ziel sein, dass Frauen als Teil des Top-Managements nicht Ausnahme bleiben, sondern zur Regel werden.
In den Vorständen der DAX40-Konzerne sind Managerinnen am stärksten vertreten: Fast ein Viertel der Vorstandsmitglieder des deutschen Leitindex sind weiblich (24 Prozent). Deutlich niedriger ist der Anteil in MDAX- (18 Prozent) und SDAX-Vorständen (14 Prozent). Allerdings bemerkenswert: Während der Anteil von Unternehmen mit mindestens einer weiblichen Vorständin in Deutschlands Top-Index im Vergleich zum Sommer vergangenen Jahres gleich hoch blieb (93 Prozent), stieg dieser Anteil sowohl im MDAX (60 Prozent) als auch im SDAX (47 Prozent) um jeweils sechs Prozentpunkte.
Sieben der analysierten 160 Unternehmen werden von Managerinnen (mit)geführt: CEWE, Fresenius Medical Care, GFT Technologies, Merck, Pfeiffer Vacuum Technology, PVA TePla und TAG Immobilien haben weibliche CEOs. Das ergibt einen Anteil von vier Prozent. Bangemanns Fazit: „Deutschland braucht mehr Frauen in Führungspositionen, auch und gerade ganz an der Spitze. Denn eine größere Vielfalt im Top Management kann dafür sorgen, dass der Führungsstil im gesamten Unternehmen ein anderer wird, die Gesprächskultur und der Debattenstil sich verändern. Es ist wichtig, Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven, Erfahrungen und Hintergründen zusammenzubringen. Diese Vielfalt fördert Innovation und Kreativität und sorgt für einen reichhaltigeren Ideenpool.“ Zudem gelte: Diverse Teams und Führungskräfte träfen oft fundiertere und ausgewogenere Entscheidungen. Die Kombination unterschiedlicher Fähigkeiten und Perspektiven helfe, komplexe Herausforderungen aus verschiedenen Blickwinkeln anzugehen, so Bangemann: „Ich bin davon überzeugt, dass die Kombination unterschiedlicher Fähigkeiten und Perspektiven unerlässlich ist, um komplexe Herausforderungen zu verstehen und passende Lösungen zu entwickeln, die nachhaltig Wert stiften.“
Bild: SFIO CRACHO (Adobe Stock, Adobe Stock Standardlizenz)
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