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Mobbing als Berufskrankheit

01.03.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Hessisches Landessozialgericht.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Entschädigung von psychischen Erkrankungen infolge Mobbings am Arbeitsplatz als Arbeitsunfallfolgen oder Folgen einer Berufskrankheit.

Tatbestand

Die Klägerin arbeitete als Schreibkraft im Unternehmen. Im Jahr X bemerkte die Klägerin, dass sie seitens anderer Mitarbeiter gemieden wurde, weil über ihre Person schwerwiegende negative Gerüchte in Umlauf gebracht worden waren. Nach Meinung der Klägerin war Urheber dieser Gerüchte ein ehemaliger Kollege. Durch dessen Vermittlung hatte sie eine Wohnung in einem Mietshaus angemietet, das dem Vater dieses Kollegen gehörte. Die Klägerin kündigte dieses Mietverhältnis. Nach den Angaben der Klägerin kam es nach ihrem Auszug wegen der Nebenkostenabrechnung zu einem Zerwürfnis zwischen ihr und dem Kollegen. Der Kollege, der sich damals noch wegen einer Fortbildung in einer anderen Stadt aufhielt, soll ihr gedroht haben, wenn er wieder zurück sei, werde er sie fertigmachen.

Laut einem von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten psychologischen Befund- und Behandlungsbericht begab sich die Klägerin in eine psychotherapeutische Behandlung. Sie gab an, sie habe mittlerweile sechs Jahre im Unternehmen als Schreibkraft gearbeitet und immer ein sehr gutes Verhältnis zu ihren Kollegen und Vorgesetzten gehabt. Es gehe ihr zurzeit schlecht, da sie von einem Kollegen gemobbt werde. Dieser verbreite belastende Gerüchte auf der Dienststelle und im privaten Umfeld. Die Klägerin beklagte eine stark reduzierte Stimmung, verminderten Antrieb, Probleme bezüglich der Aufmerksamkeit, der Konzentration sowie der Merkfähigkeit und klagte über eine Vielzahl von körperlichen Symptomen. Der Therapeut diagnostizierte eine depressive Episode, die er auf die mobbingbedingten Belastungen am Arbeitsplatz zurückführte. Die Klägerin begann daraufhin eine verhaltenstherapeutische Behandlung. In der Folgezeit erfuhr die Gesamtsituation der Klägerin keine Besserung. Seitens ihres Arbeitgebers fühlte sich die Klägerin nicht ausreichend unterstützt, eine von ihr geforderte Rehabilitation ihrer Person fand ihres Erachtens nicht statt.

Wegen psychischer Störungen wurde der Klägerin Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Auf Initiative des Arbeitgebers wurde die Klägerin von dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen gutachtlich untersucht. Aufgrund dieser Untersuchung wurden folgende Diagnosen gestellt:

"F43 ICD-10 Belastungsreaktion auf der Grundlage einer Konfliktproblematik am Arbeitsplatz.

F45 ICD-10 Somatisierungsstörungen mit zeitweiligen Angst- und Panikattacken sowie depressiven Zuständen."

(…)

Mit Schreiben vom August 2010 meldete die Klägerin den Sachverhalt der Beklagten. Die Beklagte teilte der Klägerin durch Bescheid vom 15. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2010 mit, wegen Mobbing am Arbeitsplatz könnten keine Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung gewährt werden. Es handele sich weder um eine Berufskrankheit nach der Berufskrankheitenliste noch könne eine Entschädigung wie eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2SGB VII erfolgen.

(…)

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten und der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts sind rechtens. Denn die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung der bei ihr diagnostizierten psychischen Erkrankungen, die die Klägerin auf ein Mobbing am Arbeitsplatz zurückführt, als Folgen einer Berufskrankheit.

(…)

Das Sozialgericht hat bereits dargelegt, dass weder das Mobbing als berufsbedingte Einwirkung und Ursache für Erkrankungen noch bestimmte psychische Erkrankungen als Berufserkrankungen in der maßgeblichen Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) sowie deren Anlage aufgelistet sind. Da es sich folglich nicht um eine Listen-Erkrankung handelt, kommt die Feststellung einer Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 SGB VII schon nicht in Betracht.

Mobbing am Arbeitsplatz und seine gesundheitlichen Folgen können auch nicht nach § 9 Abs. 2 SGB VII "Wie" eine Berufskrankheit anerkannt werden. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen liegen, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht vor. Denn es gibt keine Erkenntnisse, dass eine Berufsgruppe bei ihrer Tätigkeit in weitaus höherem Grade als die übrige Bevölkerung Mobbing ausgesetzt ist. Mobbing kommt in allen Berufsgruppen und auch im privaten Umfeld, z.B. unter Nachbarn und Bekannten, vor.

(…)

Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. Oktober 2012, AZ L 3 U 199/11 (in Auszügen).

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