22.10.2024 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Arbeitsgericht Berlin.
Die Gewerkschaft ver.di hatte am 26.09.2024 zu einem unbefristeten Streik in den Kitas der Kita-Eigenbetriebe des Landes Berlin aufgerufen. Ziel des Streiks war die Erzwingung von Tarifverhandlungen mit dem Land Berlin über die Regelung einer Mindestpersonalausstattung in den Kitas, über Regelungen zum Belastungsausgleich (Konsequenzenmanagement) und für mehr Zeit für Auszubildende. Die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Berliner Eigenbetriebs-Kitas richten sich nach dem zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Das Land Berlin lehnte Tarifverhandlungen mit ver.di ab, weil es als Mitglied der TdL nach deren Satzung keine von den Regelungen des TV-L abweichenden Tarifverträge schließen dürfe. Für den Fall eines Verstoßes dagegen habe die TdL bereits beschlossen, das Land Berlin aus ihrem Arbeitgeberverband auszuschließen. Im Übrigen verstoße ver.di mit den Streikforderungen betreffend Entlastungsmaßnahmen für Erzieherinnen und Erzieher und für ein Mehr an Zeit für Auszubildende gegen die Friedenspflicht während laufender Tarifverträge.
Tipps aus der Praxis für die Praxis
Das Arbeitsgericht hatte den ab dem 30.09.2024 angekündigten Streik durch Urteil vom 27.09.2024 untersagt (PM Nr. 18/24).
Das Landesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts im Ergebnis am 11.10.2024 bestätigt. Das betrifft sowohl die Untersagung des aktuellen Streiks als auch die Einschätzung, dass der Gewerkschaft nicht grundsätzlich Streiks gegen das Land Berlin betreffend die Beschäftigten in Eigenbetriebs-Kitas verboten sind.
Das Risiko des Landes, aufgrund des Beschlusses der TdL aus dem Arbeitgeberverband ausgeschlossen zu werden, überwiege nicht das Grundrecht der Gewerkschaft auf Arbeitskampfmaßnahmen aus Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die TdL rechtlich gehindert wäre, ihren Beschluss unter besonderen Umständen zu ändern. Deshalb seien Streiks zur Durchsetzung von Tarifverhandlungen mit dem Land Berlin über Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen und Erzieher in den Eigenbetriebs-Kitas des Landes Berlin nicht grundsätzlich unzulässig.
Der aktuell angekündigte Streik sei rechtswidrig und deshalb zu untersagen, weil die Gewerkschaft mit einem Teil ihrer Streikforderungen gegen die Friedenspflicht verstoße. Die Friedenspflicht resultiere aus § 52 TV-L. Diese Regelung speziell für Beschäftigte des Sozial- und Erziehungsdienstes der Länder Berlin, Bremen und Hamburg sei in der Tarifrunde zwischen der TdL und der Gewerkschaft ver.di im Dezember 2023 vereinbart worden. Ausgangspunkt dieser Vereinbarung sei die von ver.di geäußerte Erwartung gewesen, die Regelungen zur Entlastung von Erzieherinnen und Erziehern in der TV-L aufzunehmen, die ver.di tariflich mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände im Jahr 2022 geregelt hatte (TVöD-VKA). Dazu gehörten u.a. eine monatliche Zulage für Erzieherinnen und Erzieher und jährlich zwei Rehabilitationstage. Im Zuge der Tarifverhandlungen mit der TdL sei über die diesbezüglichen Regelungen aus dem TVöD-VKA verhandelt worden. Ergebnis der Verhandlung sei die Aufnahme der Zulagenregelung in den TV-L gewesen, während sich die Gewerkschaft mit den weiteren Punkten nicht habe durchsetzen können. Da alle Regelungen des TVöD-Pakets Gegenstand der Verhandlungen gewesen seien, sei dieses Paket abschließend geregelt worden. Die aktuellen Streikforderungen seien teilweise in diesem Regelungspaket enthalten, nämlich hinsichtlich der Regenerationstage und hinsichtlich der Vorbereitungszeit. Dadurch werde die Friedenspflicht verletzt.
Eine weitere Verletzung der Friedenspflicht durch die Forderung nach mehr Zeit für Auszubildende liege nicht vor. Darauf komme es aber entscheidungserheblich nicht mehr an, da der Streik aus anderen Gründen rechtswidrig sei.
Gegen die Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig, sie ist rechtskräftig.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Oktober 2024, 12 SaGa 886/24
Bild: Yan Krukov (Pexels, Pexels Lizenz)
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