03.08.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Landesarbeitsgericht Düsseldorf.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses. Die am 05.01.1986 geborene Klägerin schloss mit der Beklagten am 29.01.2010 einen schriftlichen Ausbildungsvertrag. Danach sollte die Klägerin ab dem 01.08.2010 als Bankkauffrau ausgebildet werden. Es wurden eine Probezeit von vier Monaten sowie für das erste Ausbildungsjahr eine Vergütung in Höhe von 736,16 € brutto vereinbart.
In einem Gespräch am 21.06.2010 wurde die Klägerin von Vertretern der Beklagten zu vermeintlichen Verbindlichkeiten befragt. Anlass des Gesprächs war eine von der Beklagten eingeholte Schufa - Auskunft, aus der sich angebliche Schulden der Klägerin ergaben. Die Klägerin überreichte im Rahmen des Gesprächs eine Liste, in der insgesamt Verbindlichkeiten in Höhe von 12.800,- € aufgezählt wurden.
Auf die Frage, wie sie die Verbindlichkeiten zurückführen wolle, teilte die Klägerin mit, die Summen würde ihr Großvater vorstrecken. Am 29.06.2010 folgte dann ein weiteres Gespräch der Parteien. Dabei teilte die Klägerin auf Nachfrage mit, sie habe bisher keinen Kontakt zu ihrem Großvater aufgenommen. Mit einem Schreiben vom 05.07.2010 kündigte die Beklagte das Ausbildungsverhältnis „vor Beginn Ihrer Ausbildung zum 01.08.2010“.
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Die Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil sie bereits vor Beginn des Ausbildungsverhältnisses erklärt worden ist. § 22 Abs.1 BBiG steht einer Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses vor dessen Beginn nicht entgegen.
Da § 22 Abs.1 BBiG die Kündigung vor Ausbildungsantritt nicht regelt, sind gemäß § 10 Abs.2 BBiG die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsgrundsätze und Rechtsvorschriften anzuwenden, soweit sich aus dem Wesen und Zweck des Berufsausbildungsverhältnisses nichts anderes ergibt. Zu diesen Rechtsgrundsätzen gehört es, dass ein Arbeitsverhältnis regelmäßig bereits vor seinem Beginn gekündigt werden kann, wenn die Arbeitsvertragsparteien nichts anderes geregelt haben oder sich der Ausschluss der Kündigung nicht aus anderen Umständen ergibt. Denn mit Abschluss des Arbeitsvertrags entstehen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertragliche Beziehungen, mag auch das Arbeitsverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt aktualisiert werden. Daher haben beide Vertragspartner das Recht, die zwischen ihnen existierende vertragliche Bindung durch Kündigung zu beenden. Beim Berufsausbildungsverhältnis bestehen insoweit keine Besonderheiten.
(…)
Die Beklagte hat nämlich keineswegs unmittelbar nach Vorliegen einer Schufa-Auskunft aufgrund hieraus sich ergebender vermeintlicher Verbindlichkeiten gekündigt, sondern die Klägerin zu ihrer Vermögenssituation angehört. Aus dem Verhalten der Klägerin im Rahmen der Anhörung hat sie dann Rückschlüsse auf deren fehlende Eignung gezogen. Die Klägerin hat sich insoweit widersprüchlich geäußert. Während sie im ersten Gespräch angegeben hat, mit Hilfe ihres Großvaters die Schulden zurückführen zu wollen, hat sie im zweiten Gespräch eingeräumt, mit diesem noch nicht einmal darüber gesprochen zu haben. Daraus resultierende Zweifel an der Eignung der Klägerin im Umgang mit finanziellen Angelegenheiten sind durchaus nachvollziehbar.
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LAG Düsseldorf, Urteil vom 16. September 2011, AZ 6 Sa 909/11 (in Auszügen)
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