02.12.2024 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Ernst & Young GmbH.
Die mit Abstand meisten Anhebungen des Grundsteuer Hebesatzes gab es in Rheinland-Pfalz, wo 79 Prozent der Kommunen die Grundsteuer erhöht haben. Aber auch in anderen Bundesländern wurde die Grundsteuer häufiger heraufgesetzt als in den Vorjahren: In Nordrhein-Westfalen stieg der Anteil von 26 Prozent im Jahr 2022 auf 28 Prozent im Jahr 2023, in Niedersachsen von zehn auf 21 Prozent.
Es gab aber auch Bundesländer, in denen die Erhöhungsdynamik zurückging: So hatten etwa im Saarland im Vorjahr noch 19 Prozent der Kommunen ihre Grundsteuer erhöht – im vergangenen Jahr lag der Anteil hingegen nur noch bei 15 Prozent. Und in Baden-Württemberg sank der Anteil der Kommunen mit einer steigenden Grundsteuer von 16 auf neun Prozent. In einigen Bundesländern verzichten obendrein schon seit Jahren die meisten Städte und Gemeinden darauf, ihre Hebesätze zu erhöhen: In Thüringen lag der Anteil der Kommunen mit einem steigenden Hebesatz im vergangenen Jahr erneut nur bei vier Prozent, in Sachsen-Anhalt, Bayern und Sachsen bei fünf Prozent.
Das Bundesland mit den durchschnittlich höchsten Hebesätzen der Kommunen war Ende des vergangenen Jahres Nordrhein-Westfalen mit 577 Prozent (plus 13 Punkte). Dahinter folgen Hessen (507 Prozent, plus 12 Punkte) und Rheinland-Pfalz (464 Prozent, plus 69 Punkte). Am anderen Ende der Skala befinden sich Schleswig-Holstein (348 Prozent, plus ein Punkt) und Bayern (355 Prozent, plus zwei Punkte).
Während im vergangenen Jahr 2.671 der knapp 10.800 deutschen Kommunen ihren Hebesatz heraufsetzten, machten nur sehr wenige Kommunen von der Möglichkeit Gebrauch, die Grundsteuer zu senken: 49 Kommunen reduzierten den Grundsteuer-Hebesatz, das entspricht 0,4 Prozent der deutschen Kommunen. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) zur Entwicklung der Grundsteuer-B-Hebesätze aller deutschen Kommunen (ohne Stadtstaaten) in den Jahren 2005 bis 2023.
Im Vorfeld des Inkrafttretens der Grundsteuerreform sehen wir eine regelrechte Welle an Steuererhöhungen in den Kommunen – bevorzugt in den Bundesländern, die traditionell unter einer sehr schlechten kommunalen Finanzlage leiden. Das sind vor allem die Bundesländer in Westdeutschland. Im Süden und Osten Deutschlands ist die Lage offenbar weniger kritisch, hier wurden zuletzt bei weitem nicht so viele Steuererhöhungen registriert.
Dr. Heinrich Fleischer, Partner Real Estate, Hospitality & Construction bei EY
Fleischer betont, dass viele Kommunen finanziell mit dem Rücken zur Wand stünden und eine Verbesserung der Einnahmesituation durch Erhöhungen der Grund-, aber auch der Gewerbesteuern, vielfach unausweichlich sei: „Die anhaltend schlechte Finanzsituation vieler Kommunen erfordert häufig eine Anhebung der Hebesätze. Angesichts der hohen Inflation der vergangenen Jahre kämpfen viele Kommunen mit Kostensteigerungen, die sie weitergeben müssen. Die Leidtragenden sind die Bürger – aber auch Gewerbetreibende, denn auch die Gewerbesteuern wurden zuletzt in vielen Orten erhöht: Laut einer EY-Analyse haben im vergangenen Jahr immerhin 19 Prozent der deutschen Kommunen die Gewerbesteuer erhöht. Sowohl Bürger als auch Gewerbetreibende wurden also auf breiter Front mit einer steigenden Steuerbelastung konfrontiert.“
Zum Jahr 2023 trat in Rheinland-Pfalz eine Reform des Kommunalen Finanzausgleichs in Kraft, die eine deutliche Erhöhung der sogenannten Nivellierungssätze vorsah. Dies hatte zur Folge, dass Kommunen, die Einnahmeverluste im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs vermeiden wollten, ihre Hebesätze zum Teil deutlich anheben mussten – nicht nur bei der Grundsteuer, sondern auch bei der Gewerbesteuer: So haben im vergangenen Jahr 79 Prozent der rheinland-pfälzischen Kommunen die Grundsteuer erhöht, zudem haben 61 Prozent ihre Gewerbesteuer-Hebesätze angehoben, deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt.
Im laufenden Jahr 2024 werden nach Fleischers Einschätzung erneut zahlreiche Kommunen den Grundsteuerhebesatz erhöhen – auch um das Versprechen einhalten zu können, die Bürger durch die Anwendung des neuen Grundsteuerrechts ab 2025 nicht zusätzlich zu belasten. Fleischer zweifelt allerdings daran, dass die versprochene Aufkommensneutralität tatsächlich erreicht werden wird: „Die Tendenz bei der Grundsteuer geht seit Jahren nach oben, zuletzt sogar massiv. Und angesichts der aktuell sehr schwachen Konjunkturentwicklung dürfte der finanzielle Spielraum der Kommunen mittelfristig eher kleiner als größer werden. Das heißt im Klartext: Die Versuchung, im Zuge der Umstellung auf das neue Grundsteuermodell zusätzliche Mehreinnahmen zu generieren, ist sehr groß.“
Im Jahr 2022 hatten bundesweit knapp vier von zehn Gemeinden (39 Prozent) einen sehr hohen Grundsteuerhebesatz von 400 oder höher. Dieser Anteil stieg im vergangenen Jahr auf 52 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2005 lag er gerade einmal bei fünf Prozent. Umgekehrt hatten 2005 noch 22 Prozent der Kommunen einen Hebesatz von unter 300 – 2023 waren es nur noch drei Prozent. „Der bundesweite Trend zu immer höheren Grundsteuer-Hebesätzen hat im vergangenen Jahr vor allem aufgrund der vielen Erhöhungen in Rheinland-Pfalz nochmal an Dynamik gewonnen“, sagt Fleischer.
Bundesweit wies zum Ende des vergangenen Jahres die hessische Stadt Lorch mit 1.050 Prozent den höchsten Grundsteuer-Hebesatz auf. Dahinter folgte das rheinland-pfälzische Kerzenheim (1.000). Vier hessische Kommunen (Nauheim, Ringgau, Bad Karlshafen und Bad Emstal) folgen auf dem Plätzen drei bis sechs im Ranking der Kommunen mit den höchsten Grundsteuer-Hebesätzen. Dahinter liegen mit Gladbeck und Hürtgenwald zwei nordrhein-westfälische Kommunen.
Bemerkenswert: Von den 50 deutschen Kommunen mit den höchsten Hebesätzen liegen 28 in Nordrhein-Westfalen, 21 in Hessen und eine in Rheinland-Pfalz. Keine Grundsteuer mussten Ende vergangenen Jahres die Bürger in insgesamt 19 deutschen Kommunen bezahlen, von denen elf in Schleswig-Holstein, sieben in Rheinland-Pfalz und eine in Baden-Württemberg liegen.
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Bild: RDNE Stock project (Pexels, Pexels Lizenz)
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