08.02.2016 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin).
In Deutschland arbeiten nur zwölf Prozent aller abhängig Beschäftigten überwiegend oder teilweise von zu Hause aus, obwohl bei viel mehr Arbeitsplätzen nach eigener Einschätzung der Beschäftigten keine dauernde betriebliche Präsenz erforderlich ist. Viel mehr Beschäftigte würden gerne – zumindest gelegentlich – im sogenannten Home Office arbeiten, in den meisten Fällen scheitert der Wunsch jedoch an den Arbeitgebern. Würden diese umdenken, so könnte der Anteil der Heimarbeiter auf 30 Prozent steigen. Dies sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), veröffentlicht im DIW-Wochenbericht 5/2016.
„Das Potential, das in der Heimarbeit liegt, wird in Deutschland nicht ausgeschöpft, weil viele Personalverantwortliche offenbar immer noch starr an der Präsenzpflicht festhalten“, sagt DIW-Arbeitsmarktexperte Karl Brenke. Deutschland liegt beim Anteil der Heimarbeiter unter dem EU-Durchschnitt und ist deutlich hinter andere Länder wie Frankreich, das Vereinigte Königreich oder die skandinavischen Länder zurückgefallen, wo der Anteil der Heimarbeiter wächst.
Brenke hat untersucht, wie viele abhängig Beschäftigte in Deutschland von zu Hause aus arbeiten, welche sozialen Merkmale diese Heimarbeiter auszeichnen und welche beruflichen Tätigkeiten sie ausüben. Dazu hat er – neben dem amtlichen Mikrozensus – Daten der Langfristbefragung Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) herangezogen, die seit dem Jahr 2014 auch Informationen über Heimarbeit erhebt. Damit war es zum ersten Mal möglich festzustellen, welche Arbeitsplätze sich nach Einschätzung der Mitarbeiter für Heimarbeit eignen und ob die betreffenden Personen diese Arbeitsform überhaupt wünschen. Knapp 60 Prozent der abhängig Beschäftigten gaben im Jahr 2014 an, dass Heimarbeit in ihrem Fall nicht praktikabel wäre. Bei etwa 40 Prozent käme Heimarbeit in Frage. Die Zahl derjenigen, die tatsächlich zu Hause arbeiten, ist jedoch mit zwölf Prozent viel geringer.
Heimarbeit ist vor allem in einigen Dienstleistungsbereichen und bei Großunternehmen verbreitet. Dies gilt allerdings nicht für Banken und Versicherungen sowie den öffentlichen Dienst, wo Heimarbeit nach Einschätzung der Arbeitnehmer häufig durchaus möglich, aber dennoch wenig verbreitet ist. Grundsätzlich sind Tätigkeiten, die eine höhere berufliche Qualifikation erfordern, der Befragung zufolge besser für Heimarbeit geeignet als Arbeitsplätze, die nur eine mittlere oder einfache berufliche Qualifikation erfordern.
Unabhängig von der getroffenen Arbeitszeitvereinbarung arbeiten Heimarbeiter mit durchschnittlich knapp 46 Wochenstunden vergleichsweise lange. Die meisten Überstunden werden nur teilweise beziehungsweise gar nicht durch Lohn oder Freizeit kompensiert. Trotzdem sind Beschäftigte, die von zu Hause aus arbeiten, mit ihrer Arbeit etwas zufriedener als ihre Kollegen.
Auffällig ist, dass die Arbeitszufriedenheit am geringsten bei jenen ist, die gerne zu Hause arbeiten möchten und zur Präsenz am Arbeitsplatz verpflichtet sind, obwohl sie der Meinung sind, dass ihre Tätigkeit auch zu Hause ausgeübt werden könnte. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie spielt keine entscheidende Rolle bei der Heimarbeit, denn unter Alleinlebenden gibt es genauso viele Heimarbeiter wie unter Alleinerziehenden und sogar noch mehr als unter Familien mit Kindern.
„Die Arbeitgeber sollten umdenken und die Leistung eines Mitarbeiters nicht nach Anwesenheit, sondern nach Output messen“, sagt Karl Brenke. Gesetzliche Regulierungen zur Förderung der Heimarbeit seien jedoch nach Meinung von Brenke allenfalls im öffentlichen Dienst erforderlich. Ansonsten sollte man auf die Marktkräfte setzen, so die Einschätzung von Brenke. Diese würden die Arbeitgeber zu einer zeitgemäßen Personalpolitik zwingen, da sie andernfalls in Zeiten eines wahrscheinlich schrumpfenden Erwerbspersonenpotentials Fachkräfte verlieren könnten. Um unbezahlter Mehrarbeit vorzubeugen, schlägt er betriebliche oder tarifvertragliche Vereinbarungen vor.
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