06.07.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg.
Die Beteiligte zu (i. F. Arbeitgeberin) ist ein Unternehmen, das Leiterplatten herstellt und ca. 520 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Beteiligte (i. F. Betriebsrat) ist der im Betrieb B. der Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat. Die Arbeitgeberin schrieb Anfang 2010 die Stelle eines Supervisors im Bereich Ver- und Entsorgung zur Neubesetzung aus. Auf die interne Stellenausschreibung bewarben sich neben dem Arbeitnehmer S. die Arbeitnehmer G., B. und das Betriebsratsmitglied B..
Am 16.07.2010 beantragte die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers S. auf die ausgeschriebene Stelle.
(…)
Der Betriebsrat hat unter Mitwirkung des Betriebsratsmitglieds B. nach vorangegangener Beratung in seiner Sitzung am 21.07.2010 den Beschluss gefasst, der beabsichtigten Versetzung von Herrn S. zu widersprechen und teilte dies der Arbeitgeberin mit Schreiben seines Vorsitzenden vom 21.07.2010, das die Arbeitgeberin vor Ablauf des 23.07.2010 erhalten hat, mit. Der Betriebsrat führte im vorgenannten Schreiben unter anderem zur Begründung der Zustimmungsverweigerung aus, dass die weiteren internen Bewerber bei der Auswahl benachteiligt worden seien, dass die Kriterien der Betriebsvereinbarung über innerbetriebliche Stellenausschreibungen nicht beachtet worden seien und dass aufgrund der Regelungen dieser Betriebsvereinbarung die Arbeitnehmer G. und B. die Stelle eher hätten erhalten müssen. Gleiches gelte für Herrn B., der zudem einen Anspruch auf Berücksichtigung bei der Neubesetzung der Stelle habe, weil diesem anlässlich einer früheren Besetzung der Stelle im Jahr 2008 und seiner damaligen Bewerbung in einem Absagegespräch mitgeteilt worden sei, dass er an zweiter Stelle der Auswahl liege.3
(…)
Die Arbeitgeberin hat die Ansicht vertreten, die Zustimmung des Betriebsrats gelte als erteilt, weil der Beschluss vom 21.07.2010 aufgrund der Mitwirkung von Herrn B. unwirksam sei. Dieser sei wegen einer bestehenden Interessenkollision zeitweise verhindert im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG gewesen.
(…)
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, ist ein Betriebsratsmitglied bei Maßnahmen und Regelungen, die es in seiner Stellung als Arbeitnehmer individuell und unmittelbar betreffen, grundsätzlich von seiner Organtätigkeit ausgeschlossen. Dies ist zwar im Betriebsverfassungsgesetz nicht ausdrücklich geregelt, wird jedoch vom Bundesarbeitsgericht und der herrschenden Meinung aus dem allgemeinen Grundsatz abgeleitet, dass zur Vermeidung von Interessenkollisionen niemand Richter in eigener Sache sein kann. Liegt eine derartige Interessenkollision vor, ist das Betriebsratsmitglied zeitweilig verhindert im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG und darf sich an der Beratung und Beschlussfassung des Betriebsrats nicht beteiligen. Wirkt ein unmittelbar betroffenes Betriebsratsmitglied trotz des Bestehens einer derartigen Interessenkollision an der Beschlussfassung des Betriebsrats mit, leidet der Beschluss des Betriebsrats an einem erheblichen Mangel und ist deshalb nichtig.
(…)
Ein Betriebsratsmitglied ist deshalb bei Maßnahmen und Regelungen, die es in seiner Stellung als Arbeitnehmer individuell und unmittelbar betreffen, grundsätzlich von seiner Organtätigkeit ausgeschlossen.
LArbG Baden-Württemberg, Beschluß vom 20.10.2011, 3 TaBV 4/11 (in Auszügen)
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