05.02.2025 — Michelle Bittroff. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die Technische Universität München hat in Kooperation mit der gemeinnützigen Organisation HateAid eine Online-Befragung durchgeführt, an der 1.114 Personen aus unterschiedlichen politischen und beruflichen Kontexten teilnahmen. Zu den Befragten zählten politische Aktivistinnen und Aktivisten, Journalistinnen und Journalisten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Politikerinnen und Politiker aus verschiedenen Parteien und politischen Ebenen. Ergänzend wurden mit einigen politisch aktiven Frauen qualitative Interviews geführt, um deren Erfahrungen mit digitaler Gewalt näher zu beleuchten. Am 15. Januar wurden die Ergebnisse in der Studie „Angegriffen & alleingelassen: Wie sich digitale Gewalt auf politisches Engagement auswirkt. Ein Lagebild.“ veröffentlicht und die Ergebnisse sind besorgniserregend.
Die Studie legt offen, dass sich durchaus Unterschiede in der Behandlung von Männern und Frauen zeigen. Hier die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst:
Traurigerweise bleiben die Anfeindungen und Hasskommentare nicht im Netz. Laut der Online-Befragung von HateAid sind politisch Engagierte, die Gewalt im Netz erleben, auch von analoger Gewalt betroffen. So erlebten die Betroffenen häufiger physische Angriffe (jeweils 32 % für Männer und Frauen) als diejenigen, die nicht von digitaler Gewalt betroffen waren (10 % der Männer, 14 % der Frauen). Und das hat erhebliche Auswirkungen – nicht nur auf die Art, wie Betroffene fortan über Social Media kommunizieren, sondern auch wie sie ihre politische Arbeit aufnehmen und fortführen. Sie ziehen sich zurück, verändern ihr Verhalten – gerade jetzt, vor den bevorstehenden Bundestagswahlen, ein fatales Problem!
Politisch Engagierte dürfen im Wahlkampf mit dem Hass und der digitalen Gewalt nicht allein gelassen werden. Es ist wichtig, jetzt zu handeln und innerhalb der Parteien spezialisierte Anlaufstellen für Betroffene einzurichten, die ausreichend ausgestattet sind. Diese sollen Mitglieder und Kandidierende dabei unterstützen, Angriffe zu melden, Beweise zu sichern und rechtliche Schritte einzuleiten. Gleichzeitig müssen Justiz und Strafverfolgungsbehörden konsequent gegen digitale Gewalt vorgehen. Anzeigen müssen zügig bearbeitet werden und Betroffene sollten automatisch über den Ausgang der Verfahren informiert werden.
Auch die Betreiber sozialer Netzwerke tragen Verantwortung: Der Digital Services Act (DSA) verpflichtet sie, negative Auswirkungen auf die gesellschaftliche Debatte und Wahlen zu minimieren. Es muss verhindert werden, dass digitale Gewalt durch Algorithmen verstärkt wird und gemeldete Inhalte müssen rasch überprüft und gegebenenfalls entfernt werden.
Anna-Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin von HateAid, fasst es treffend zusammen:
Wir sehen es im aktuellen Wahlkampf: Durch den Hass und die Lügen, denen politisch aktive Menschen ausgesetzt sind, verändern viele die Art und Weise, wie sie Politik machen, handeln und kommunizieren. Es beeinflusst vor allem auch die Entscheidung darüber, ob und wie sie sich überhaupt noch engagieren. Das hat System und es muss uns alarmieren. Denn wenn sich immer weniger Menschen trauen, sich in unserer liberalen Demokratie zu engagieren, dann verlieren wir alle. Deshalb müssen jetzt Politik, Justiz, Parteien und Plattformen endlich alles dafür tun, Politikerinnen, Politiker und andere Engagierte effektiv zu schützen.
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