Stand: 01.01.1970
Die Entwicklung des Baurechts in Deutschland ist in den letzten Jahren rasant fortgeschritten. Auch wenn die vielen Versuche, angelsächsische Systeme (wie GMP-Verträge und absolute Kostensicherheit des Bauherrn bei maximaler Flexibilität) durchzusetzen, im Endeffekt als gescheitert angesehen werden müssen, haben sich die Vorgaben für die Vertragsparteien doch deutlich verschärft. Es ist inzwischen fast selbstverständlich, dass größere Bauunternehmen eine eigene Abteilung haben, die sich auf Nachtragsmanagement spezialisiert, und Projektsteuerer sind darauf geschult, Nachträge von Anfang an abzuwehren und unangenehme Entscheidungen zu verzögern.
Gleichzeitig wächst in vielen Bereichen das Interesse, ein Bauvorhaben ohne eine Phalanx von Anwälten zu meistern und ein gewisses Vertrauen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer sicherzustellen.
Die Neuordnung des § 648a BGB und die Entscheidung des Gesetzgebers, das Bauforderungssicherungsgesetz zu modernisieren, haben ein Stück weit das Gleichgewicht auf dem Bau zu Gunsten des Auftragnehmers verschoben. Insbesondere § 648a BGB wird von vielen Unternehmern vor allem als Waffe angesehen, um aus unliebsamen Vertragsverhältnissen herauszukommen.
Das öffentliche Baurecht umfasst alle Rechtsvorschriften, die die Zulässigkeit, die Grenzen, die Ordnung und die Förderung der baulichen Nutzung des Bodens, insbesondere durch Errichtung, bestimmungsgemäße Nutzung, wesentliche Veränderung und Beseitigung baulicher Anlagen, betreffen.
Der Vollzug des öffentlichen Baurechts erfolgt durch die Bauaufsichtsbehörden. Rechtsgrundlage ist das Baugesetzbuch (BauGB).
Hauptsächlich regelt das private Baurecht die rechtlichen Beziehungen zwischen privaten Baubeteiligten. Der Schwerpunkt liegt bei den Beziehungen zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer (z. B. Architekten, Ingenieure und Bauunternehmen). Genauso gehört zum privaten Baurecht aber auch das private Nachbarrecht.
Rechtsgrundlagen sind hier das Werkvertragsrecht (§§ 631 ff. BGB) und die nachbarschützenden Normen des Privatrechts (§§ 903 ff., § 936 und § 1004 BGB).
Kein Bauvorhaben wird so realisiert, wie es ursprünglich geplant wurde. Die Gründe hierfür sind vielfältig.
Da ist zum einen die Standortgebundenheit, aus der sich viele Unwägbarkeiten ergeben; schließlich weiß in der Planungsphase noch keiner der Beteiligten, was beispielsweise der Rohbauer beim Aushub der Baugrube vorfinden wird. Treten hier "böse Überraschungen" auf, können der plötzlich entstehende Mehraufwand und die daraus resultierenden Kosten zu ernsthaften Konflikten der Beteiligten führen.
Eine mindestens ebenso große Rolle spielt die bloße Produktionsdauer größerer Bauvorhaben. Unwägbarkeiten, die in der Bauphase plötzlich auftreten, wie z.B. Insolvenzen, sind nur eine Möglichkeit dessen, was an Unvorhergesehenem auf die Beteiligten zukommen kann. Schließlich zeigt sich insbesondere im Bereich von Groß-Bauvorhaben, wie sehr alle Beteiligten – ob sie dies wollen oder nicht – aufeinander angewiesen sind. Der Bundesgerichtshof geht im Rahmen seiner ständigen Rechtsprechung deshalb auch von einer staken Kooperationspflicht aus, die alle Beteiligten am Bau gleichermaßen trifft. Diese Kooperationspflicht hat die Rechtsprechung mittlerweile zu einer Art Allheilmittel werden lassen, das immer dann angewandt wird, wenn eine Entscheidung als unangemessen angesehen wird. Richtig ausgespielt, kann diese Kooperationspflicht für beide Seiten zu einem zweischneidigen Schwert werden.
Spielt einer der Beteiligten nicht mit – sei es, weil das Unternehmen unzuverlässig ist, oder weil er versucht, einen zu niedrig kalkulierten Angebotspreis über die Stellung unseriöser Nachträge zu "retten" – sind Streitigkeiten und daraus resultierende Bauablaufstörungen nebst Folgeerscheinungen in Form von Behinderungen nachfolgender Unternehmen etc. vorprogrammiert.
Eines ist mit Sicherheit allen Baubeteiligten gemeinsam: Sie werden bestrebt sein, die sich aus den vorgenannten Unwägbarkeiten ergebenden Mehrkosten nicht selbst tragen zu müssen. Wie sich Kosten für Mengenänderungen, geänderte und zusätzliche Leistungen letztendlich verteilen, ist indes oftmals schwierig zu beurteilen.
Quellen: Christian Esch, Verlag Dashöfer GmbH
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