ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann zu Trumps Absage an Steuerabkommen „Mindeststeuer ohne die USA wird zum EU-Standortnachteil“

27.01.2025  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim.

Donald Trump hat eine Mitwirkung der USA an der globalen Mindeststeuer ausgeschlossen. Zwar hatten die USA auch unter seinem Vorgänger das Abkommen nicht umgesetzt, aber immerhin eine Absichtserklärung über einen später möglichen Beitritt abgegeben.

Welche Konsequenzen hat diese Absage der USA an die internationale Steuerkooperation für die Mindeststeuer in Europa und Deutschland? Der Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am ZEW Mannheim und Professor an der Universität Heidelberg, Friedrich Heinemann, erklärt dazu:

Auf den ersten Blick könnte die globale Mindeststeuer in Europa auch dann durchgesetzt werden, wenn die USA der internationalen Steuervereinbarung auf Dauer fern bleiben. Die EU-Länder könnten von US-Niederlassungen Informationen über die globalen Steuerzahlungen ihrer Konzerne verlangen und ihnen gegebenenfalls die Steuer auferlegen. Allerdings ist unklar, wie Trumps Absage an die globale Mindeststeuer zu interpretieren ist. Wenn er eine Mitwirkung von US-Unternehmen untersagt, wären US-Töchter an europäischen Standorten nicht in der Lage, die europäischen Vorgaben zur Mindeststeuer zu erfüllen, weil sie die Informationen dazu aus ihren Mutterkonzernen nicht hätten oder weitergeben dürften. Hier würde ein Konflikt der Steuerbehörden mit erheblicher neuer steuerlicher Unsicherheit entstehen.

Jenseits dieser steuertechnischen Fragen ist eindeutig, dass die USA eine wichtige Vorreiterrolle für die internationale Steuerkooperation spielen werden. Wenn die größte Volkswirtschaft der Erde an der globalen Mindeststeuer auf Dauer nicht teilnimmt, dann hört diese Mindeststeuer auf, global zu sein. Auch ist zu erwarten, dass nun weitere Länder dem US-Beispiel folgen werden. Außer den EU-Staaten haben bislang nur wenige Länder die Mindeststeuer bereits verbindlich eingeführt. Bei noch abwartenden Ländern dürfte die Skepsis hinsichtlich der eigenen Implementation steigen, auch weil das Projekt ohne Aussicht auf einen Einbezug des US-Marktes und der US-Konzerne wenig Sinn ergibt.

Die EU-Mitgliedstaaten und die EU befinden sich mit ihrer Vorreiterrolle in der internationalen Steuerkoordination nun in einer schwierigen Lage. Ohnehin fallen Kosten und Nutzen der Mindeststeuer ernüchternd aus. Die Befolgungskosten sind aufgrund der umfassenden Berichtspflichten sehr hoch und aktuelle Aufkommensschätzungen deutlich geringer als die anfangs optimistischen Erwartungen. Hinzu kommt, dass wichtige EU-Standorte wie Deutschland bei der Unternehmenssteuer bereits Hochsteuerstandorte sind. Sie werden nun aus Sicht globaler Investoren den zusätzlichen Malus aufweisen, dass an EU-Standorten die Mindeststeuer durchgesetzt wird, diese Belastung am US-Standort aber nicht besteht. Dies könnte zusätzlich den Ausschlag für Standortentscheidungen geben, die dann noch häufiger gegen die EU ausfallen. Weil die Mindeststeuer durch EU-Richtlinien festgezurrt ist, können die Mitgliedstaaten für sich alleine auch nicht auf die neue Situation reagieren. Eine Abänderung wäre nur durch eine neue einstimmige Entscheidung aller Mitgliedstaaten möglich.

Allerdings hätte die EU Druckmittel in der Hand. Digitalsteuern, welche digitale Umsätze von Tech-Konzernen in den Marktstaaten belasten, sind nicht auf die Kooperation mit den Sitzländern dieser Konzerne angewiesen und könnten auch ohne US-Kooperation eingeführt werden. Die Einführung neuer oder zusätzlicher Digitalsteuern steht jedoch im direkten Zusammenhang mit der geplanten Umsetzung der ersten Säule des OECD-Abkommens, die auf die Neuverteilung der Besteuerungsrechte bei digitalen Umsätzen abzielt. Digitalsteuern wurden sogar schon vonseiten der alten US-Administration als unfreundlicher Akt angesehen. Damit könnte dieses Druckmittel die anstehenden handelspolitischen Dispute noch verschärfen.

Insgesamt bedeutet der US-Rückzug von der weltweiten Zusammenarbeit in der Unternehmensbesteuerung somit einen schweren Rückschlag für die Erfolgsaussichten der globalen Mindeststeuer. Wenn diese ursprünglich global gedachte Mindeststeuer zu einer europäischen Mindeststeuer degeneriert, würde sie für Europa mehr Schaden als Nutzen bringen. Sie sollte in diesem Szenario auch angesichts sehr hoher administrativer Kosten besser auf Eis gelegt werden, bis wieder eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den USA möglich wird.

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